Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die schwarze Null wird langsam grau
Olaf Scholz stellt schuldenfreien Haushalt vor – Klimaschutz und Grundrente nicht eingeplant
BERLIN - Wenn das Klimakabinett am 20. September tagt, könnten teure Beschlüsse fallen. Doch dieses Geld ist im Haushalt 2020 ebenso wenig enthalten wie die geplante Einführung einer Grundrente. In der ersten Sitzung nach der Sommerpause stellte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den Haushalt 2020 vor. Schon im ersten Satz seiner Rede betont er das Festhalten an der schwarzen Null und einer „seriösen und soliden Haushaltspolitik“. Trotz 40 Milliarden jährlicher Investitionen wolle man keine neuen Schulden machen. „Das ist die besondere Leistung“, sagte Scholz.
Olaf Scholz beschwört als Leitmotiv des Haushalts den Zusammenhalt der Gesellschaft in einer Welt, die immer schwieriger werde. Man werde die Arbeitnehmerrechte stärken und für bezahlbare Mieten sorgen, Familien stärken und Pflegekräfte besser bezahlen, für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen und den Soli für 90 Prozent der Menschen abschaffen. Es sei aber wichtig, dass diejenigen, die ein hohes Einkommen haben, auch weiterhin einen solidarischen Beitrag leisteten.
Fünf Jahre ohne neue Schulden
Scholz meint, die Solidität der vergangenen Jahre habe die Grundlage geliefert, mit einer sich ins Negative wendenden Konjunktur umzugehen. „Wir können Milliarden investieren,“, so der Finanzminister, das sei „gelebter Keynesianismus“in der Krise, „aber dazu muss sie ja erst mal da sein.“Seit 2014 werden keine neuen Schulden mehr aufgenommen.
Das Mantra der schwarzen Null wird vor allem in der Unionsfraktion hoch gehalten. „Für uns ist der ausgeglichene Haushalt ein Ausdruck von Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit“, sagt Unions-Fraktionsvize Andreas Jung (CDU), der federführend beim Klimaschutzkonzept der Union ist. Innovationen seien der Weg, den Wohlstand zu erhalten. Dazu müsse man Prioritäten setzen und nicht automatisch neue Schulden aufnehmen, meinte Jung.
Der Unions-Haushälter Eckardt Rehberg fragt, wie geschichtsvergessen man sein müsse, um nicht mehr daran zu denken, dass die Eurokrise durch zu viele Schulden hervorgerufen wurde. Er betonte, dass er seinen vier Enkeln keine neuen Schulden zumuten möchte.
Ein Fehler, finden die Grünen, denn es gehe jetzt darum, die Zukunft der Enkel zu sichern. „Handeln Sie jetzt“, fordert der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sven-Christian Kindler, die Regierung auf. Statt sich „krampfhaft ans Dogma der schwarzen Null zu klammern“, müsse man die Investitionsbremse lockern. Es gehe um das nächste Jahrzehnt. Die Grünen wollen „die Schuldenbremse um einen Investitionsmotor ergänzen“. In einem Grundsatzbeschluss hatten grüne Partei und Fraktion gefordert, die Maastricht-Kriterien, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts als Schulden zulassen, anzuwenden. Dadurch hätte man 35 Milliarden mehr im Haushalt. Auch für Gesine Lötzsch von den Linken ist die Schuldenbremse „Unsinn“, man solle die Fesseln lösen, um handlungsfähig zu werden. Zumal das Armutsrisiko für Rentner in Ostdeutschland sich in den nächsten elf Jahren verdoppele.
Die FDP warnt
Mit Rilke beginnt der FDP-Haushälter Otto Fricke seine Rede. „Herr, es ist Zeit, der Sommer war sehr groß.“Die letzten acht Jahre seien sehr groß gewesen, aber diese Zeit sei vorbei. Leider habe man in den guten Jahren nicht genug investiert, bedauert Fricke. Jetzt gehe es darum, zu sagen, auf was man verzichten wolle.
Frickes Fraktionsvorsitzender Christian Lindner hatte am Morgen gewarnt, dass die schwarze Null eine hohe symbolische Wirkung auch in Europa habe. Die leichtsinnige Schuldenpolitik könne wie ein Bumerang zurückkommen, wenn Deutschland ein schlechtes Beispiel abgebe, fürchtet der FDP-Chef.
Die SPD bleibt – zumindest im Bundestag – bei Olaf Scholz und der Schwarzen Null. Bei den Kandidatenvorstellungen für den SPD-Vorsitz aber haben einige – wie Karl Lauterbach – klargemacht, dass sie die Einhaltung der Schwarzen Null angesichts der Herausforderungen für ökonomischen Unsinn halten.