Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Polizei: Eltern müssen den Erstklässlern Vorbild sein
Experte warnt zum Schulanfang vor gefährlichen Angewohnheiten beim Abliefern der Kinder an der Schule
RAVENSBURG - Zum Schulanfang am Mittwoch warnt die Polizei insbesondere die Eltern vor gefährlichem Verhalten im Straßenverkehr. Die Jugendverkehrsschulen im Kreis bereiten zwar jedes Jahr die ältesten Kindergartenkinder auf ihren Schulweg als Erstklässler vor. Doch das Üben mit der Polizei nützt alles nichts, wenn Mütter und Väter nichts auf Verkehrsregeln geben, sagt Peter Endres vom Referat Prävention beim Polizeipräsidium Konstanz.
Er berichtet von einer Beobachtung nach so einem Kurs mit Vorschülern: Als die Übungsstunde endete, wurden die Kinder abgeholt. Eine der Mütter habe einen Kinderwagen geschoben, in der anderen Hand das Handy gehalten und nicht auf ein weiteres Kind geachtet, das sie dabeihatte und das auf der Straße herumgesprungen sei, sagt Endres. Die Kinder in der Vorschule und ersten Klasse seien in der Regel „hoch motiviert“, sagt Endres. Mit einer Stunde praktischer Verkehrserziehung, die die Polizei leistet, sei es aber nicht getan.
Endres rät Eltern, den Schulweg mit den Kindern noch vor der Einschulung abzugehen und gemeinsam zu üben, worauf es ankommt. „Eltern sollten dem Kind Eigenverantwortung zutrauen, es auch mal vorausgehen und zeigen lassen, was es schon kann“, so Endres. Inzwischen gibt es zum Beispiel in Ravensburg Schulen, die ein Belohnungssystem eingeführt haben, bei dem es Punkte fürs Zu-Fuß-Kommen gibt.
Denn sowohl den Schulen als auch der Polizei sind Elterntaxis ein Dorn im Auge. Trotz freier Parkplätze in der Nähe von Schulen fahren viele Eltern laut Endres so nah wie möglich vor den Schuleingang oder blockieren Bushaltestellen. Kinder seien dann zum Beispiel gezwungen, zwischen den wartenden Elternautos hindurch über die Straße zu gehen, Schulanfang ohne diese gut einsehen zu können. „Teilweise ist es sehr wild, was da passiert“, sagt er. Damit das Aussteigen möglichst schnell vonstattengeht, hätten manche Kinder schon beim Autofahren den Schulranzen auf dem Rücken. Das sei aber keine praktische Lösung, wie wohl einige Eltern denken, sondern eine Gefahr für die Kinder. Sollte es zu einem Unfall kommen, sei das Genick der Kinder nicht durch eine Nackenstütze geschützt, erklärt Endres.
Um die Lage zu entschärfen, haben zwei Schulen in Ravensburg bereits extra ausgeschilderte Haltezonen für Elterntaxis eingerichtet, wo kurz angehalten werden kann, um das Kind aussteigen zu lassen. Besonders in den Innenstädten seien die Eltern tendenziell etwas ängstlicher, was die Sicherheit ihrer Kinder auf dem Schulweg angeht, und bringen sie daher lieber mit dem Auto, sagt Endres. „Auf dem Land sind die Kinder oft etwas selbstständiger.“
Eine positive Nachricht: Die Zahl der Unfälle auf dem Schulweg im Kreis Ravensburg sind rückgängig.
Zu Beginn des Schuljahres will die Polizei vor Schulen Blitzer aufstellen und auch die Einhaltung anderer Regeln kontrollieren: Sind die Kinder angeschnallt? Werden Halteverbote vor Schulen respektiert? Telefonieren die Eltern am Steuer?
Die Verkehrserziehung endet übrigens nicht nach der Vorschule: In der vierten Klasse machen die Kinder unter Anleitung von Polizisten die Radfahrausbildung. Zu Beginn der weiterführenden Schule gehen die Beamten in die Klassen und informieren bei der Aktion „Schütze dein Bestes“über das Tragen von Radhelmen. In der Berufsschule werden Fahranfänger auf Gefahren sensibilisiert, zum Beispiel solche, die von Handynutzung am Steuer ausgehen. Und selbst bei den Eltern von Schulkindern ist manchmal noch Verkehrserziehung nötig. Endres hat schon mal bei einer Geschwindigkeitskontrolle vor einer Schule die Erfahrung gemacht, dass die Temposünder zum Großteil Eltern waren.