Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Es knirscht nicht nur auf dem Platz
Würde der beinahe größte Fußballphilosoph unserer Zeit immer recht behalten, könnte Joachim
Löw nebst seinem Stab die Beine hochlegen. „Qualifikation ist nur dazu da, sich zu qualifizieren, nicht den Fußball zu verändern“, sagt Trainer- und SprücheLegende Jürgen Klopp. Und in Richtung EM: „Sie werden erfolgreich sein, da sind wir uns alle sicher.“
Wen er mit „wir“meint, ist nicht überliefert. Sicher sind sich dagegen alle, dass es noch gehörig im Getriebe der DFB-Elf knirscht. Und das liegt nicht zuletzt am Bundestrainer. Spielerisch fehlt die klare Linie. Nach dem WM-Debakel und dem Abschied vom Ballbesitz-Fußball sucht der Bundestrainer weiter nach seinem Königsweg. Dreieroder Viererkette, mal mit einem, mal mit drei Stürmern – alles scheint
derzeit möglich. Dass der Bundestrainer testet, ist legitim. Dass er jedoch gegen die Niederlande beharrlich an seinem defensiven System festhält – es setzte vier Gegentore – grenzt an Ideenlosigkeit. Die fehlenden und nicht gerade als Unterschiedsspieler bekannten Julian Draxler oder Antonio Rüdiger als Ausreden anzuführen, ist weit entfernt vom Knallhart-Löw, den er zeitweise gab.
Dass da Rufe nach einer Rückkehr von Defensivstabilisator Mats Hummels laut werden, ist nicht verwunderlich. Vom 2014er Glanz und dem Kurzzeithoch im März ist nicht nur auf dem Feld, sondern auch beim Bundestrainer wenig übrig. Der Umbruch im Team war laut Löw unabdingbar, nun muss aber auch er seinen Wandel durchziehen – oder Konsequenzen ziehen.