Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wichtige Etappe für Radweg an der L 314
Seit Jahrzehnten kämpfen Baienfurt und Bergatreute – Jetzt scheint es voranzugehen
Nach einem jahrelangen Kampf scheint es jetzt voranzugehen.
BAIENFURT - Eigentlich hätte der Dienstagabend in der Gemeindehalle in Baienfurt ein Diskussionsabend zum Thema Radweg werden sollen, zu dem die Grünen eingeladen hatten. Es war aber mehr Vortrag als Podiumsdiskussion, dafür hatte der grüne Landtagsabgeordnete und Minister Manne Lucha erfreuliche Nachrichten für Bergatreute und Baienfurt mit im Gepäck: Der lang ersehnte Radweg wird eine wichtige Ertappe schaffen und etwas konkreter: Es scheint jetzt voranzugehen.
„Wir haben aus dem Verkehrsministerium klare Signale, die Sache in einem Joint Venture zu lösen“, sagte Lucha am Dienstagabend. Heißt: Kommunen und Land werden zusammenarbeiten, um dem Radweg Gestalt zu geben. Konkret soll das heißen, dass die Gemeinden die Planung übernehmen und das Land den Bau mit Grunderwerb. Die Details zu diesem Vorschlag sollen dann in einem Gespräch im Ministerium erfolgen. Der Termin für alle Beteiligten, sprich: Bürgermeister, Landtagsabgeordnete und Kreisstraßenbauamt, wird am 15. Oktober in Stuttgart sein.
Seit Jahrzehnten kämpfen die Gemeinden Bergatreute und Baienfurt für einen Radweg entlang der Landesstraße 314 zwischen Bergatreute und Baienfurt. Die Strecke ist gefährlich, auch wenn sie nicht zu den Unfallschwerpunkten zählt. Im Juli 2017 verlor ein Radfahrer bei einem schweren Unfall sein Leben. Da die Strecke eine Landesstraße ist, ist auch im Falle eines Radwegs das Land Baden-Württemberg zuständig. Bergatreutes Bürgermeister Helmfried Schäfer schrieb an das grüne Verkehrsministerium, Landtagsabgeordnete wurden regelmäßig angefragt, 2018 waren 600 Demonstranten bei der ersten Raddemo dabei, um auf das Projekt aufmerksam zu machen.
Doch das Ergebnis war bisher ernüchternd. Erst im vergangenen August, als die CDU-Landtagsabgeordneten August Schuler und Raimund Haser mit den Gemeinden über das Thema sprachen, hieß es auf eine Anfrage von Haser vonseiten des Regierungspräsidiums Tübingen, dass Planungen in absehbarer Zeit nicht möglich sein werden. Sie versprachen, das Thema nach der Sommerpause anzugehen.
Mit der Nachricht, die Manne Lucha nun im Gepäck hatte, zeigten sich sowohl Helmfried Schäfer als auch sein Baienfurter Kollege Günter A. Binder zufrieden. „Wenn Herr Lucha hier so etwas sagt, dann heißt das, dass auch etwas Konkretes dahintersteckt“, sagte Binder. „Jetzt wurde angefangen, das rote Band zu weben, das man irgendwann mal durchschneiden kann“, so Schäfer.
Am Dienstag war auch Hermino Katzenstein in Baienfurt. Der grüne Landtagsabgeordnete ist Fraktionssprecher für Radverkehr. Nachdem er sich die Strecke an der L 314 angeschaut hatte, stellte er das RadwegeKonzept des Landes vor – vor gut 90 Besuchern, die hauptsächlich grüne Parteifreunde, Kreisräte, Gemeinderäte und Bürgermeister waren. Klares Ziel sei es, vor dem Hintergrund des Klimaschutzes mehr Menschen zum Fahrradfahren zu bewegen. 15.30 Uhr, Ravensburg 15.45 Uhr, Weingarten 15.45 Uhr, Baienfurt 16 Uhr, Baindt 16 Uhr. Die Demo wird von der Polizei abgesichert und die Radkolonne durch Polizeifahrzeuge begleitet. Die Radkolonne kann nicht überholt werden. Der gesamte Streckenabschnitt (beide Fahrtrichtungen) wird von 16 Uhr bis 17 Uhr auf Tempo 70 reduziert und es gilt ein generelles Überholverbot. Es wird während der Demonstration zu Verkehrsbehinderungen auf dem Streckenabschnitt kommen. Die Abschlusskundgebung ist in Baienfurt. (sz) Dabei gehe es in erster Linie um Pendler, die ihr Auto stehen lassen. Dafür sei es wichtig, dass man ein lückenloses Netz schaffe, das ein „sicheres, zügiges und komfortables“Fahrradfahren ermögliche. Auch in der Region Bodensee-Oberschwaben tue man da was. Er hob die Radschnellverbindung von Baindt nach Friedrichshafen hervor.
Bei der von der grünen Landtagsabgeordneten Petra Krebs moderierten Podiumsdiskussion meldeten sich auch Bürgermeister aus anderen Kommunen zu Wort. Zum Beispiel Katja Liebmann aus Schlier: „Was können wir als Bürgermeister tun, um Lücken zu schließen? Je mehr Radwege, desto weniger Verkehr.“Und Thomas Kellenberger aus Aitrach sagte: „Irgendwann sind auch die unten auf der Priorisierungsliste dran.“Lucha glaubt, dass man im Fall Bergatreute-Baienfurt auch was Exemplarisches für andere mitnehmen kann. Und Martin Hulin vom Allgemeinen Deutschen FahrradClub (ADFC) begründete, dass man sich speziell für den Radweg an der L 314 besonders starkgemacht habe und für andere weniger, weil es dort besonders nötig ist.
Als Kritiker für den Bau von Radwegen meldete sich Martin Mursch aus der Gemeinde Schlier. Er regte an, statt nur Radwege zu bauen, auch vorhandene Waldwege oder Wirtschaftswege zu optimieren und fahrradtauglich zu machen – auch im Falle der L 314. Das würde Geld sparen und klimafreundlicher sein. Dieser Vorschlag hat im Publikum allerdings für Entsetzen gesorgt.