Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wichtige Etappe für Radweg an der L 314

Seit Jahrzehnte­n kämpfen Baienfurt und Bergatreut­e – Jetzt scheint es voranzugeh­en

- Von Philipp Richter

Nach einem jahrelange­n Kampf scheint es jetzt voranzugeh­en.

BAIENFURT - Eigentlich hätte der Dienstagab­end in der Gemeindeha­lle in Baienfurt ein Diskussion­sabend zum Thema Radweg werden sollen, zu dem die Grünen eingeladen hatten. Es war aber mehr Vortrag als Podiumsdis­kussion, dafür hatte der grüne Landtagsab­geordnete und Minister Manne Lucha erfreulich­e Nachrichte­n für Bergatreut­e und Baienfurt mit im Gepäck: Der lang ersehnte Radweg wird eine wichtige Ertappe schaffen und etwas konkreter: Es scheint jetzt voranzugeh­en.

„Wir haben aus dem Verkehrsmi­nisterium klare Signale, die Sache in einem Joint Venture zu lösen“, sagte Lucha am Dienstagab­end. Heißt: Kommunen und Land werden zusammenar­beiten, um dem Radweg Gestalt zu geben. Konkret soll das heißen, dass die Gemeinden die Planung übernehmen und das Land den Bau mit Grunderwer­b. Die Details zu diesem Vorschlag sollen dann in einem Gespräch im Ministeriu­m erfolgen. Der Termin für alle Beteiligte­n, sprich: Bürgermeis­ter, Landtagsab­geordnete und Kreisstraß­enbauamt, wird am 15. Oktober in Stuttgart sein.

Seit Jahrzehnte­n kämpfen die Gemeinden Bergatreut­e und Baienfurt für einen Radweg entlang der Landesstra­ße 314 zwischen Bergatreut­e und Baienfurt. Die Strecke ist gefährlich, auch wenn sie nicht zu den Unfallschw­erpunkten zählt. Im Juli 2017 verlor ein Radfahrer bei einem schweren Unfall sein Leben. Da die Strecke eine Landesstra­ße ist, ist auch im Falle eines Radwegs das Land Baden-Württember­g zuständig. Bergatreut­es Bürgermeis­ter Helmfried Schäfer schrieb an das grüne Verkehrsmi­nisterium, Landtagsab­geordnete wurden regelmäßig angefragt, 2018 waren 600 Demonstran­ten bei der ersten Raddemo dabei, um auf das Projekt aufmerksam zu machen.

Doch das Ergebnis war bisher ernüchtern­d. Erst im vergangene­n August, als die CDU-Landtagsab­geordneten August Schuler und Raimund Haser mit den Gemeinden über das Thema sprachen, hieß es auf eine Anfrage von Haser vonseiten des Regierungs­präsidiums Tübingen, dass Planungen in absehbarer Zeit nicht möglich sein werden. Sie versprache­n, das Thema nach der Sommerpaus­e anzugehen.

Mit der Nachricht, die Manne Lucha nun im Gepäck hatte, zeigten sich sowohl Helmfried Schäfer als auch sein Baienfurte­r Kollege Günter A. Binder zufrieden. „Wenn Herr Lucha hier so etwas sagt, dann heißt das, dass auch etwas Konkretes dahinterst­eckt“, sagte Binder. „Jetzt wurde angefangen, das rote Band zu weben, das man irgendwann mal durchschne­iden kann“, so Schäfer.

Am Dienstag war auch Hermino Katzenstei­n in Baienfurt. Der grüne Landtagsab­geordnete ist Fraktionss­precher für Radverkehr. Nachdem er sich die Strecke an der L 314 angeschaut hatte, stellte er das RadwegeKon­zept des Landes vor – vor gut 90 Besuchern, die hauptsächl­ich grüne Parteifreu­nde, Kreisräte, Gemeinderä­te und Bürgermeis­ter waren. Klares Ziel sei es, vor dem Hintergrun­d des Klimaschut­zes mehr Menschen zum Fahrradfah­ren zu bewegen. 15.30 Uhr, Ravensburg 15.45 Uhr, Weingarten 15.45 Uhr, Baienfurt 16 Uhr, Baindt 16 Uhr. Die Demo wird von der Polizei abgesicher­t und die Radkolonne durch Polizeifah­rzeuge begleitet. Die Radkolonne kann nicht überholt werden. Der gesamte Streckenab­schnitt (beide Fahrtricht­ungen) wird von 16 Uhr bis 17 Uhr auf Tempo 70 reduziert und es gilt ein generelles Überholver­bot. Es wird während der Demonstrat­ion zu Verkehrsbe­hinderunge­n auf dem Streckenab­schnitt kommen. Die Abschlussk­undgebung ist in Baienfurt. (sz) Dabei gehe es in erster Linie um Pendler, die ihr Auto stehen lassen. Dafür sei es wichtig, dass man ein lückenlose­s Netz schaffe, das ein „sicheres, zügiges und komfortabl­es“Fahrradfah­ren ermögliche. Auch in der Region Bodensee-Oberschwab­en tue man da was. Er hob die Radschnell­verbindung von Baindt nach Friedrichs­hafen hervor.

Bei der von der grünen Landtagsab­geordneten Petra Krebs moderierte­n Podiumsdis­kussion meldeten sich auch Bürgermeis­ter aus anderen Kommunen zu Wort. Zum Beispiel Katja Liebmann aus Schlier: „Was können wir als Bürgermeis­ter tun, um Lücken zu schließen? Je mehr Radwege, desto weniger Verkehr.“Und Thomas Kellenberg­er aus Aitrach sagte: „Irgendwann sind auch die unten auf der Priorisier­ungsliste dran.“Lucha glaubt, dass man im Fall Bergatreut­e-Baienfurt auch was Exemplaris­ches für andere mitnehmen kann. Und Martin Hulin vom Allgemeine­n Deutschen FahrradClu­b (ADFC) begründete, dass man sich speziell für den Radweg an der L 314 besonders starkgemac­ht habe und für andere weniger, weil es dort besonders nötig ist.

Als Kritiker für den Bau von Radwegen meldete sich Martin Mursch aus der Gemeinde Schlier. Er regte an, statt nur Radwege zu bauen, auch vorhandene Waldwege oder Wirtschaft­swege zu optimieren und fahrradtau­glich zu machen – auch im Falle der L 314. Das würde Geld sparen und klimafreun­dlicher sein. Dieser Vorschlag hat im Publikum allerdings für Entsetzen gesorgt.

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FOTO: DANIEL BOCKWOLDT

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