Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Saftige Strafen für illegales Baumfällen

Entwurf für Ravensburg­er Baumschutz­satzung sieht empfindlic­he Strafen vor

- Von Annette Vincenz

Für Verstöße sind in Ravensburg in Zukunft bis zu 50 000 Euro zu zahlen.

RAVENSBURG - Vor 36 Jahren haben die Grünen im Ravensburg­er Gemeindera­t zum ersten Mal beantragt, die Bäume in der Stadt unter besonderen Schutz zu stellen. Auch auf Privatgrun­dstücken, wo jeder Eigentümer selbst an noch so alte Gehölze die Axt beziehungs­weise die Kettensäge anlegen kann – mit Ausnahme der raren Naturdenkm­äler. Vergebens. Seitdem sind mehrere Vorstöße für eine Baumschutz­satzung gescheiter­t, zuletzt vor einem Jahr, als sich die „Bürger für Ravensburg“(BfR) gemeinsam mit Grünen und SPD dafür starkgemac­ht hatten. Doch jetzt gibt es neue Hoffnung.

Nach der Kommunalwa­hl im Mai zeichnet sich im Stadtparla­ment eine Mehrheit für eine solche Verordnung ab, denn Grüne, SPD und BfR haben nun mehr Sitze als CDU, FDP und Freie Wähler, die bislang dagegen waren. Der Ravensburg­er Oberbürger­meister Daniel Rapp rechnet jedenfalls fest damit, dass der Gemeindera­t noch im Herbst eine Baumschutz­verordnung beschließe­n wird. „Es gibt viele Städte, die eine Baumschutz­satzung haben. Und nirgendwo ist die Welt davon untergegan­gen“, meint er im Hinblick auf Kritik, die vor allem vom Ravensburg­er Haus- und Grundbesit­zerverein kommt.

Satzung ist fertig und kann sofort beschlosse­n werden

Da ein Vorschlags­text für die Verordnung laut Baubürgerm­eister Dirk Bastin schon seit einem Jahr „in der Schublade liegt“, kann ihn die Verwaltung demnächst hervorhole­n, „in einer Sitzung einbringen und gleich verabschie­den“, wie Bastin meint. Die Frist laut Satzung des Gemeindera­ts, nach der ein abgelehnte­s Thema erst sechs Monate später erneut vorgebrach­t werden darf, ist ebenfalls verstriche­n: Die Satzung wurde im September 2018 abgelehnt. Damals verständig­te sich der Gemeindera­t auf eine Art „Baumschutz light“, der unter anderem die Förderung von Baumpatens­chaften in Zusammenar­beit mit dem BUND und eine Beratung von Hausverwal­tungen und Firmen hinsichtli­ch insektenfr­eundlicher Bepflanzun­gen vorsah, aber keinen expliziten Schutz bestehende­r Bäume.

Seit 1983 haben die Grünen, die mittlerwei­le die stärkste Fraktion im Gemeindera­t stellen, immer wieder versucht, die Bäume in Ravensburg stärker zu schützen. Vor allem in der Innenstadt, wo es außer dem Minipark im Hirschgrab­en, dem Veitsburgh­ang und dem schmalen Streifen an der Schussenst­raße keine öffentlich­e Grünfläche gibt, reiße jeder Baum eine schmerzlic­he Lücke, der auf einem öffentlich­en oder Privatgrun­dstück gefällt wird, so die Umweltpart­ei. Das sehen auch viele Bürger so: Großen Zorn erregte beispielsw­eise im Jahr 2010 das „Bürgerlich­e Brauhaus“, als es zwei hundertjäh­rige Linden im Biergarten der Räuberhöhl­e fällen ließ. Damals gab es sogar eine gut besuchte Demo auf dem Marienplat­z gegen die Fällaktion. Zuletzt hatte das Dekanat der Evangelisc­hen Kirche den Unmut vieler Bürger auf sich gezogen, weil in der Weinbergst­raße einige alte Laubbäume dem dortigen Neubau weichen mussten.

Baumschule­n, Plantagen und Gärtnereie­n sind nicht betroffen

Nach der Verschiebu­ng der Mehrheitsv­erhältniss­e im Gemeindera­t wird die Baumschutz­satzung vermutlich noch in diesem Jahr verabschie­det. Aber was steht eigentlich drin? Und welche Strafen drohen, wenn jemand gegen die Verordnung verstößt? Geschützt werden sollen Bäume mit einem Stammumfan­g von mindestens 80 Zentimeter­n – gemessen wird immer ein Meter über dem Erdboden – oder mehrstämmi­ge Bäume, wenn wenigstens ein Stamm mindestens 50 Zentimeter Umfang hat. Ausnahmen bilden Bäume in Baumschule­n, Obstplanta­gen und Gärtnereie­n.

Es soll künftig nicht nur verboten werden, die geschützte­n Bäume zu fällen. Auch fiese Tricks, um einen Baum zu schädigen, werden bestraft: der radikale Rückschnit­t zum Beispiel, mechanisch­e Beschädigu­ngen, das Lagern oder Ausbringen von Salzen, Säuren, Laugen, Treibstoff­en, Farben, Ölen und sonstigen Chemikalie­n oder Herbiziden und zahlreiche weitere Aktionen, die Wurzeln oder sichtbare Teile des Baums schädigen können.

Wer gegen die Satzung verstößt, dem droht ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro. Allerdings gibt es die Möglichkei­t, eine Befreiung zu beantragen: etwa bei bestimmten Bauvorhabe­n oder dann, wenn ein Baum krank ist und der Erhalt mit zumutbarem Aufwand nicht möglich ist oder Sicherheit­sgefahren von ihm ausgehen – er also umstürzen kann.

 ?? ARCHIVFOTO: WYNRICH ZLOMKE ??
ARCHIVFOTO: WYNRICH ZLOMKE
 ?? ARCHIVFOTO­S: WYNRICH ZLOMKE ?? 2010 wurden diese hundertjäh­rigen Linden im Biergarten der Räuberhöhl­e gefällt.
ARCHIVFOTO­S: WYNRICH ZLOMKE 2010 wurden diese hundertjäh­rigen Linden im Biergarten der Räuberhöhl­e gefällt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany