Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Internet an jeder Milchkanne?
Bartsch fordert Digitaloffensive – Merkel räumt Technologierückstand ein
BERLIN (clak/dpa) - Auch wenn das Thema wegen der Debatte um den Klimaschutz auf Priorität zwei gerutscht ist: Die Digitalisierung und der damit verknüpfte Breitbandausbau wird eines der wichtigsten Vorhaben der Großen Koalition bleiben. Die Bewältigung von beiden Herausforderungen sei eine entscheidende Frage, um auch künftig in Wohlstand leben zu können, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch im Bundestag. Deutschland und Europa müssten ihren Rückstand bei wichtigen Technologien aufholen. „Wir müssen technologisch wieder auf Weltmaßstab kommen.“
Merkel verwies etwa auf die Herstellung von Chips, die Plattformwirtschaft und die Batteriezellenproduktion. Um die Digitalisierung voranzubringen, müssten sich auch die Unternehmen mehr engagieren. „Wir brauchen ein Bündnis von Bundesregierung und deutschem Mittelstand“, sagte die Kanzlerin.
Die Linke warf der Großen Koalition zu geringe Anstrengungen bei der flächendeckenden Versorgung mit schnellem Internet vor. „Merkel redet über 5G, auf dem Land gibt es nicht einmal LTE“, kritisierte Fraktionschef Dietmar Bartsch. „Wir müssen an jeder Milchkanne Internet haben“, sagte er in Anspielung auf Forschungsministerin Anja Karliczek, die dies im vergangenen Jahr nicht für notwendig erachtet hatte. Grünen-Fraktionschefin Katrin GöringEckardt warnte vor den Folgen für die Demokratie, wenn Menschen in ländlichen Regionen vernachlässigt würden. „Es gibt Gegenden, die sich nicht nur abgehängt fühlen, sondern die auch abgehängt sind“, sagte sie. In diesen Regionen sei die Demokratiefeindlichkeit gestiegen.
Merkel kündigte Vorhaben an, um den ländlichen Raum in Deutschland zu fördern. Geplant sei, bei der regionalen Wirtschaftsförderung künftig die Demografie zu berücksichtigen – sowie eine Stärkung des Ehrenamts.