Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kuchenverbot in der Kita
Brief an die Eltern stößt in Bissingen auf Unverständnis
BISSINGEN/BERLIN (dpa) - In einem schwäbischen Kindergarten dürfen Kinder keinen selbst gebackenen Geburtstagskuchen mitbringen – aus Angst vor Hygienemängeln. Die Leiterin der Kita in Bissingen hatte die Eltern per Brief darüber informiert, dass sie ihren Kindern keine Speisen mehr mitgeben sollten. Eine Bürgerbewegung will Unterschriften gegen das Verbot sammeln.
In Kitas fehle oft hauswirtschaftliches Wissen, was zur Übervorsicht führe, sagt die Leiterin des Nationalen Qualitätszentrums für Ernährung in Kita und Schule (NQZ) in Berlin, Anke Oepping. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit mit Sitz in Erlangen rät, sich bei Lebensmitteln an sieben Regeln zu halten, darunter vor allem gute Kühlung. Eltern könnten sich an Empfehlungen für Vereinsfeste orientieren. Das Bundeszentrum für Ernährung empfiehlt zum Beispiel, nichts Rohes mitzubringen. Durchgebackene Kuchen seien hingegen durchaus geeignet.
Anke Oepping glaubt, dass Erzieher und Kita-Leitungen mit dem Risikomanagement bei der Ernährung oft alleine gelassen werden. „In der Ausbildung der Erzieher, Kinderpfleger und Kita-Leiter finden Ernährungsthemen zu selten statt.“Oepping kennt eine Kita, in der Erzieher für jedes Rezept eine Risikoanalyse erstellen müssten. Etwa um zu dokumentieren, ob sie bei einer Suppe mit frischen Tomaten oder Dosentomaten arbeiten. Auch bei selbst gezüchteten Kräutern herrsche Verunsicherung. „Wenn Kinder erleben, dass sie Selbstgepflanztes nicht verkochen dürfen, ist das pädagogisch schwierig“, meint Oepping. Vielleicht lernten sie daraus, dass Selbstkochen risikoreicher sei als ein Essen im Schnellrestaurant.
Eine Frau kommentierte bei Facebook, dass es aus einem Grund ganz sinnvoll sein könne, wenn Eltern nichts mehr zum Geburtstag kochen und backen dürfen: Dann gerieten sie nicht mehr in Versuchung, sich gegenseitig überbieten zu wollen.