Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Recht haben hat seinen Preis

Der Staat hilft, wenn die Gerichtsko­sten finanziell nicht stemmbar sind

- Von Sabine Meuter

BERLIN (dpa) - Die Vorfreude auf den Urlaub war groß. Doch am Ziel angekommen, folgte die Ernüchteru­ng: Das Hotel lag anders als vom Reiseanbie­ter beworben nicht in einer ruhigen Gegend, sondern an einer stark befahrenen Straße. Als die Urlauber nach ihrer Rückkehr einen Teil des Reisepreis­es zurückford­ern, stellt sich der Anbieter stur. Einen Anwalt hinzuziehe­n und klagen? Betroffene fragen sich, wie teuer das wird – und welche Lösungen es gibt.

Anwaltshon­orare und Gerichtsge­bühren sind zuletzt deutlich gestiegen. Darauf weist Thomas Lämmrich hin, Rechtsschu­tzexperte beim Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) in Berlin. Ihm zufolge haben sich die durchschni­ttlichen Ausgaben für Anwälte und Gerichte von 2012 bis 2016 um 19 Prozent erhöht. Basis der Berechnung­en waren rund 1,4 Millionen Streitfäll­e pro Jahr in der Rechtsschu­tzversiche­rung.

Vergütunge­n sind gestiegen

Die Kosten orientiere­n sich am Streitwert. Angenommen, eine Reise hat einen Streitwert von 2400 Euro. Wer im Jahr 2018 wegen Mängeln am Urlaubsort Klage erhoben hat, muss laut GDV im Fall einer Niederlage vor Gericht mit Kosten von 1747 Euro rechnen – „Das ist ein Kostenanst­ieg von 25 Prozent im Vergleich zu einem vergleichb­aren Streitfall aus dem Jahr 2012“, sagt Lämmrich.

Der Grund: „Im Jahr 2013 kam es zur ersten Anpassung der Rechtsanwa­ltsvergütu­ng und Gerichtsko­sten nach mehr als neun Jahren“, sagt Herbert Peter Schons, Vizepräsid­ent des Deutschen Anwaltvere­ins. Zuvor war die gesetzlich­e Rechtsanwa­ltsvergütu­ng seit 2004 unveränder­t geblieben.

Die Kosten sollen kalkulierb­ar sein. Im Arbeitsrec­ht etwa hat der Gesetzgebe­r in der ersten Instanz das Risiko begrenzt, erklärt Schons: Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens trägt jede Partei ihre eigenen Kosten – also auch der Arbeitgebe­r, falls er recht bekommen sollte.

Antrag beim Amtsgerich­t

Egal, um welche Streitigke­iten es geht: Niemand muss aus Angst vor hohen Kosten darauf verzichten, sein Recht durchzuset­zen. Einkommens­schwache können Beratungsu­nd Prozesskos­tenhilfe in Anspruch nehmen. „Beides kann man beim zuständige­n Amtsgerich­t am Wohnort beantragen“, sagt Philipp Opfermann von der Verbrauche­rzentrale NRW in Düsseldorf.

Wird der Antrag bewilligt, können Betroffene einen Anwalt ihres Vertrauens beauftrage­n. Die Kosten übernimmt der Staat. Teilweise bieten auch Verbrauche­rzentralen Rechtsbera­tung an.

Rechtsschu­tz wird empfohlen

Mit einer Rechtsschu­tzversiche­rung kann man sich schon im Vorhinein wappnen. „Auch vermeintli­ch kleine Streitigke­iten können im Fall einer Klage sehr teuer werden“, warnt Opfermann. Die Rechtsschu­tzversiche­rung zahlt neben den Gerichtsge­bühren auch die Gebühren für den eigenen und den gegnerisch­en Anwalt, wenn der Versicheru­ngsnehmer im Prozess unterliegt.

Ob ein Abschluss allerdings sinnvoll ist, hängt immer davon ab, wie hoch man das Risiko einschätzt, in einem bestimmten Bereich in einen Rechtsstre­it verwickelt zu werden. Lohnenswer­t kann etwa ein Verkehrs-, ein Arbeits-, ein Vertragsod­er ein Wohnungs- und Grundstück­s-Rechtsschu­tz sein, so Lämmrich.

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FOTO: DPA Rechtliche Beratung hat ihren Preis: Wie hoch das Anwaltshon­orar ist, richtet sich nach dem jeweiligen Fall.

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