Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Besseres Futter gibt es nirgendwo“
Für die Weidegenossenschaft Maierhöfen endet mit dem Viehscheid am Wochenende eine bisher unfallfreie Saison
MAIERHÖFEN (owi) - „Auch in den letzten Tagen kann immer etwas passieren“, weiß Alpmeister Herbert Mader. Von daher ist noch nicht sicher, ob es wirklich vier Kranzrinder beim Viehscheid am Samstag geben wird. Ein Fazit kann Mader in seinem 16. Jahr als Alpmeister aber schon definitiv ziehen: „Vom Wetter her war es ein guter Sommer.“Es gab rund um die Alpen am Hochgrat genug Regen und genug Futter. Sorgenfrei sind die Alphirten nicht. Neben dem Wolf ist die zunehmende Zahl an Radlern in den Bergen ein Thema.
252 Tiere waren heuer auf den sechs Alpen der Weidegenossenschaft. Den größten Teil davon haben im 41. Jahr Renate und Herbert Fink betreut, während sich Waltraud und Reinhard Künzel auf der SchilpereAlpe um die 34 Kälber gekümmert haben. Sie kamen Ende Mai zuerst an den Hochgrat, Mitte Juni folgte der Rest der Tiere.
Bis 1986 gab es einen Alpauftrieb, seither fährt die Weidegenossenschaft mit Lkw. Der Zeitpunkt, die Tiere an den Hochgrat zu bringen, ist seither etwas nach vorn gerückt: „Aufgrund des Klimawandels ist die Vegetation meist früher dran“, weiß Mader. Da die Tiere altes Futter nicht mögen, dürfen sie früher in die Berge.
Die Belastung als Festveranstalter haben die Landwirte in Maierhöfen schon vor einigen Jahren „ausgelagert“. Seither ist die Weidegenossenschaft für die Tiere und deren Betreuung auf den Alpen zuständig, der „Viehscheidverein Maierhöfen“aber für das Fest, das auch heuer von Freitag bis Sonntag dauert. Themen, mit denen sich die Landwirte auseinanderzusetzen haben, gibt es dennoch. So hat die Zahl der Mountainbiker am Hochgrat stark zugenommen. Dank E-Bike-Technologie hat Mader auch zunehmend ältere Radler ausgemacht. Leichter mache das die Arbeit für die Alphirten nicht.
Eine Absage der Viehscheide im Allgäu stand freilich aus einem ganz anderen Grund zur Debatte: Viele Landwirte vermissen den Schutz ihrer Tiere vor Wölfen. Mader mag auf das Thema kaum eingehen: „Der Ball wird flach gehalten“, hat er festgestellt. Aber: „Das Problem ist da und wird mit Sicherheit größer.“Klar ist ihm aber: Kurzfristig einen Viehscheid abzusagen, das sei nicht möglich. Da müssten sich die Landwirte über die Konsequenzen für den Tourismus im Klaren sein. „Und viele von uns vermieten ja selbst Zimmer oder Ferienwohnungen“, sagt er offen.
Angesagt hat sich für den Viehscheid am Samstag das Bayerische Fernsehen. Entstehen soll ein Kurzbeitrag für die Reihe „Heimat der Rekorde“. Denn nirgendwo in Bayern ist der Alpabtrieb so lang wie in Maierhöfen: Rund 30 Kilometer müssen die Tiere und die voraussichtlich 35 Treiber auf der Strecke über Steibis, Oberstaufen, Stiefenhofen und Grünenbach absolvieren.
Da vermutet mancher Zaungast eine zu starke Belastung der Tiere. Mader hält dagegen: „Wir sind doch nicht so blöd, dass wir die Tiere überfordern. Sie sind doch unser Kapital.“Für den Fall, dass Vieh trotz des Tränkens in Mittelhofen überfordert ist, fährt ein „Besenwagen“mit, der diese Tiere aufsammelt.
Trotz der kritischen Themen: Für den Alpmeister steht der Sinn der Alpbewirtschaftung außer Frage. „Besseres Futter gibt es ja nirgendwo. Das ist Bio pur“, weiß Mader. Zudem: „Nicht jeder Landwirt hat um seinen Hof herum ausreichend große Flächen.“Nicht zuletzt sorgen die Kühe und Kälber dafür, dass es zu keiner Verbuschung kommt: „Sie leisten Kulturlandschaftspflege“, sagt Mader.