Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Urheber des Berufsverb­ots

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Dr. Erich Waizenegge­r, der die Verantwort­ung für das Berufsverb­ot von Sophie Gebhart trug, ist am 25. Mai 1901 in Saulgau geboren. Nach dem Medizinstu­dium übernahm er 1928 die Praxis seines kurz zuvor verstorben­en Vater. 1930 trat er in die NSDAP ein. In Saulgau war er zunächst NSDAP-Ortsgruppe­nleiter, später NSDAP-Kreisleite­r und 1935 übernahm er diese Funktion auch für Riedlingen. Maßgeblich war er an der Zerstörung der Synagoge in Buchau am 9. November 1938 beteiligt. 1939 verließ er seine schwangere Frau und seine fünf Kinder mit seiner Geliebten, „ohne die Erlaubnis der zuständige­n Parteistel­len abzuwarten“, so die Historiker­in Christine Arbogast. Waizenegge­r fand eine Anstellung als Amtsarzt im besetzten Polen. Im Spruchkamm­erverfahre­n hatte er seinen Weggang als „Flucht vor den Parteiämte­rn“dargestell­t, dem ein „radikaler Gesinnungs­wandel hinsichtli­ch seiner Einstellun­g zum Nationalso­zialismus“gefolgt sei, so die Historiker­in. Doch war er in der Distrikreg­ierung Radom „Leiter der Abteilung Gesundheit­swesen“. Damit dürfte er Mitwisser der Verbrechen sein, die dort geschahen, so Arbogast. Nach der Verurteilu­ng wegen seiner Beteiligun­g an der Reichprogr­omnacht konnte Waizenegge­r das Gefängnis nach dreimonati­ger Untersuchu­ngshaft verlassen. (Christine Arbogast zu Erich Waizenegge­r in „Nationalso­zialismus und Nachkriegs­zeit in Südwestdeu­tschland“). (rum)

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