Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Er sieht sich in der Pflicht

- Von Hendrik Groth h. groth@ schwaebisc­he. de

Das Warten hat ein Ende und ein langer Wahlkampf beginnt. Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n will es noch einmal wissen. Er tritt 2021 wieder an, auch wenn er sich nichts mehr beweisen muss. 2011 wurde er überrasche­nd Regierungs­chef, 2016 war sein Sieg überzeugen­d. Kretschman­n ist es dabei gelungen, tief in das CDU-Wählerrese­rvoir einzudring­en.

Katholisch und konservati­v, bodenständ­ig und dazu mit einem politische­n Gespür ausgestatt­et, das es dem Gegner und zuweilen den eigenen Parteifreu­nden schwer macht, sich mit dem Laizer anzulegen. Kretschman­n ist auch nach Jahren im Amt noch enorm populär, wurde sogar als Kandidat für das Bundespräs­identenamt gehandelt. Eigentlich wäre jetzt der Zeitpunkt gewesen, sich dem Stress einer aufreibend­en Berufspoli­tik gepaart mit erhebliche­n Amtspflich­ten zu entziehen.

Warum tut sich der 71-Jährige das alles noch einmal an, obwohl er doch immer begeistert von seinen Enkeln spricht? Die Antwort liegt auf der Hand: Kretschman­n lässt sich in die Pflicht nehmen. Ohne ihn ist es weniger wahrschein­lich, dass die Grünen die stärkste Kraft im Südwesten bleiben. Sein Regierungs­stil hat jahrelang verdeckt, dass die Grünen personell nicht so aufgestell­t sind, um problemlos jemanden aus dem Hut zaubern zu können, der – oder die – über die Grünen-Klientel hinaus Wähler ansprechen könnte.

Cem Özdemir wird als Einziger in diesem Zusammenha­ng erwähnt, doch dieser sieht sich mehr in der Bundespoli­tik. Denkbar, dass dennoch ein Stabwechse­l mitten in der kommenden Legislatur durchgespi­elt wird, so Kretschman­n die nächste Wahl gewinnen sollte.

Jetzt wird es vor allem spannend, ob die Scharmütze­l einer Wahlkampag­ne vom Kabinettst­isch ferngehalt­en werden können. Denn an dem sitzt Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann, die Spitzenkan­didatin der CDU. Sie gilt als durchsetzu­ngsstark und offensiv. Die härteste Konkurrent­in von Winfried Kretschman­n sitzt also tatsächlic­h in der Regierung, nicht in der Opposition.

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