Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Merkel sieht Autoindustrie auf gutem Weg zur CO2-Neutralität
Demonstranten protestieren gegen zu langsamen Ausbau der E-Mobilität – Frankfurter OB darf nicht auf IAA sprechen
FRANKFURT (AFP/dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei der Eröffnung der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main an die Verantwortung der Autobauer appelliert. Deutschlands „hohe Mobilität hat ihren Preis, wenn nicht effizientere, klimafreundlichere Fahrzeuge hergestellt werden“, mahnte sie. Die europäischen Klimaziele für 2030 seien eine „Riesenherausforderung“.
Diese Ziele zu erreichen, „ist eine Herkulesaufgabe für Sie und für uns“, sagte Merkel an die Autohersteller gerichtet. Seit 1990 sei „keinerlei CO2Reduktion in der Gesamtmenge des Verkehrs“erreicht worden, zusätzlich hätten unzulässige Abschalteinrichtungen mitten in einem „riesigen Wandel“der Mobilität zu einem Vertrauensverlust geführt. Doch auch Erzeugung von Strom für Elektroautos muss laut Merkel nachhaltiger werden.
Am Ende ihres 90-minütigen Rundgangs auf der IAA mit Besichtigung etlicher Elektroautos, autonom fahrender Shuttle-Busse sowie mit etwas Klimaprotest zog die Kanzlerin ein zufriedenes Zwischenfazit: „Ich konnte mich überzeugen, dass wir nicht vor einem Umbruch stehen, sondern dass dieser Umbruch bereits Realität ist.“„Wir können das schaffen, als Deutschland vorne mit dabei zu sein“, sagt Merkel. Bis 2022 solle entlang aller Autobahnen der neue Mobilfunkstandard 5G zur Verfügung stehen, und zwei Jahre später auch entlang der Bundesstraßen. Die Technologie ist wichtig für neue digitale Funktionen in den Autos. Für den Erfolg der Elektromobilität sei die Verlässlichkeit der Ladeinfrastruktur von größter Bedeutung, mahnt die Kanzlerin. 20 000 Ladepunkte seien noch lange nicht ausreichend, befindet sie zur Freude der Hersteller.
Sicherheitsdienst muss eingreifen
Klimaschützer warfen der Autoindustrie am Donnerstag erneut vor, den Wandel zu emissionsfreier Elektromobilität nicht entschlossen genug voranzutreiben und weiter auf klimaschädliche Stadtgeländewagen (SUVs) zu setzen. Am Ausstellungsstand von Volkswagen kletterten zwei Greenpeace-Aktivistinnen auf Autos und hielten Plakate mit der Aufschrift „Klimakiller“hoch. Während Merkel den BMW-Stand besuchte, wurde zudem ein herannahender Protestler vom Sicherheitsdienst abgefangen und abgeführt. Die Greenpeace-Proteste gegen angebliche „Klimakiller“an den Ständen von VW und BMW ignorierte die Kanzlerin, fragte die Autobosse nach Batteriereichweiten und nach Entwicklungsstufen zum autonomen Fahren.
Kritik gab es auch wegen der fehlenden Begrüßungsrede von Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Dieser hat in diesem Jahr kein Grußwort zur Eröffnung der Automesse gehalten – anders als in früheren Jahren. Feldmanns Sprecher Nils Bremer sagte, der OB sei davon ausgegangen, dass er wie üblich als Stadtoberhaupt ein Grußwort sprechen würde. Ende August habe der Verbands der Automobilindustrie jedoch mitgeteilt, dass die Rede nicht mehr vorgesehen sei. Laut Redemanuskript wollte Feldmann unter anderem sagen: „Frankfurt braucht mehr Busse und Bahnen, aber nicht mehr SUVs.“