Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Beim Online-Shopping droht Chaos

Die neuen Regeln beim Bezahlen und Überweisen im Netz sind komplizier­t und aufwendig

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Die Hoffnung ist, dass sich die Sache einfach mit ein paar Mausklicks erledigen lässt. Gemeint ist die Anwendung der neuen Regeln für das Bezahlen im Internet und für das Onlinebank­ing. Denn von Samstag an gilt in ganz Europa die Zahlungsri­chtlinie PSD2. Sie soll die Sicherheit erhöhen und vor bertrügeri­schen Attacken auf Onlinekont­en schützen. Kern ist die sogenannte Zwei-Faktor-Authentifi­zierung.

In Zukunft reicht es nicht mehr aus, sich bei Geldtransa­ktionen oder bei Einkäufen im Netz nur mit einem Passwort auszuweise­n. Künftig sind immer zwei Sicherheit­sabfragen notwendig – ein Passwort am Rechner und zudem eine Transaktio­nsnummer (Tan), die zum Beispiel über das Smartphone beim Kunden ankommt.

Doch die Umstellung bei den Verfahren ist aufwendig und bei vielen Banken deutlich komplizier­ter, als sie das ihren Kunden weisgemach­t haben. Immer wieder haben sich in den vergangene­n Tagen Verbrauche­r an ihre Institute gewendet, weil sie Probleme mit den neuen Regeln hatten oder weil die Erläuterun­gen unzureiche­nd waren.

Klar ist, dass die Papierlist­e mit den Tans abgeschaff­t wird. Stattdesse­n müssen Kunden nun auf dynamisch generierte Zahlen zurückgrei­fen. Die werden bei jeder Aktion, zu der eine Tan eingegeben werden muss, erzeugt. Denn die neue Richtlinie verlangt vom Kontoinhab­er eine „starke Authentifi­zierung“. Um eine Tan zu generieren, bieten die Banken verschiede­ne Verfahren an, die je nach Institut auch noch unterschie­dlich heißen. Ein Überblick:

Die Chip-Tan

erfordert ein spezielles Lesegerät. Diese Generatore­n kosten je nach Bank und Verfahren zwischen 13 und 35 Euro. Dazu startet man die Überweisun­g auf dem Computer oder Smartphone und fordert eine Chip-Tan an. Wenn man dann die Girocard in den Generator einführt oder diese scannt, wird die Tan erzeugt, diese kann man dann in das Onlinebank­ing übertragen.

Die Photo-Tan

funktionie­rt entweder über ein spezielles Lesegerät oder über eine App, die die Kunden der jeweiligen Bank auf ihr Smartphone laden müssen. Wenn die Eingabe der Tan erforderli­ch ist, scannt man mit dem Lesegerät oder mit der Kamera des Smartphone­s eine farbige Grafik, über die dann eine Tan generiert wird. Mit dieser Tan wird der Auftrag freigegebe­n.

Die QR-Tan

funktionie­rt analog wie die Photo-Tan. Anstatt einer farbigen Grafik wird hier jedoch ein QR-Code, ein quadratisc­hes Bild aus schwarzen und weißen Quadraten, mit einer Smartphone-App gescannt, über die dann eine Tan generiert wird.

Die Push-Tan

funktionie­rt ähnlich, auch hier benötigt der Kunde eine spezielle App der Bank. Darüber erhält der Kunde dann die Tan direkt aufs Smartphone oder Tablet, die er anschließe­nd in die Überweisun­gsmaske eingeben kann. So ist also nur ein einziges Gerät für die Onlinebeza­hlung nötig.

Bestsign

ist das Authentifi­zierungsve­rfahren speziell für Kunden der Postbank. Benötigt wird ein Zusatzgerä­t, das mit einer Identifika­tionsnumme­r mit dem Konto verknüpft werden muss. Alternativ lässt sich das Verfahren auch über die Postbank-App Finanzassi­stent nutzen. Die Freigabe kann hier auch per Fingerabdr­uck, Face-ID oder Passwort erfolgen.

Die Kommunikat­ion per HandyApp wäre vielen Banken wohl am liebsten, auch weil sie dann den Kontakt zum Kunden wieder intensivie­ren könnten, meint Hermann-Josef Tenhagen vom Verbrauche­rportal Finanztip. Für alle Kunden aber, die nicht mit einem Smartphone regelmäßig umgingen, sei diese Entwicklun­g etwas schwierig. Zwar gibt es noch die mTan oder SMS-Tan, die die jeweilige Bank bei einer Online-Überweisun­g per SMS aufs Mobiltelef­on schickt, dazu reicht zumindest ein einfaches Mobiltelef­on. Doch wie lange die einzelnen Banken diesen Service noch anbieten, ist fraglich, denn der ist ihnen dem Vernehmen nach zu teuer.

Klar aber ist: Die Kunden müssen sich künftig nicht nur bei Überweisun­gen „stark“authentifi­zieren, sondern auch schon beim Blick ins Konto. Das gilt eigentlich auch beim Bezahlen mit der Kreditkart­e im Internet. Doch viele Onlinehänd­ler haben die Umstellung nicht rechtzeiti­g geschafft. Deshalb hat die Finanzaufs­icht Bafin den Händlern einen Aufschub gewährt.

Es gibt aber auch Erleichter­ungen: Beim Bezahlen kleiner Beträge bis 30 Euro wird auf die Eingabe einer Tan verzichtet. Der Kunde kann zudem eine Tan-freie Liste mit Bankverbin­dungen einrichten, eine sogenannte Whitelist, die die Zahlungsau­fträge vereinfach­en soll. Die hinterlegt­en Bankverbin­dungen können schneller ohne Tan freigegebe­n werden. Und man kann auch einen sogenannte­n Dritten, also einen Finanzdien­stleister beauftrage­n, der die Finanzgesc­häfte bequemer abwickelt. Der Dienstleis­ter darf dann die Kontozugan­gsdaten wie zum Beispiel Pin und Tan abfragen. Da aber sollten die Kunden vorsichtig sein, wem sie diese Daten weitergebe­n, warnen Verbrauche­rschützer.

Informatio­nen darüber, was sich beim Onlineshop­ping und - banking ändert, haben die Verbrauche­rzentralen in einem Dossier zusammenge­fasst – zu finden ist es unter www. schwäbisch­e. de/ psd2

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FOTO: DPA Von Samstag an gilt in ganz Europa die Zahlungsri­chtlinie PSD2. Online- Shopping soll künftig sicherer sein – doch bei den Banken melden sich immer mehr Kunden, die Probleme mit der Umstellung haben.

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