Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Pharmakonzerne steigen aus Entwicklung von Antibiotika aus
HAMBURG (dpa) - Immer mehr Pharmahersteller ziehen sich nach Informationen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) aus der Erforschung neuer Antibiotika zurück. Fast die Hälfte der etwa 100 Firmen, die 2016 eine gemeinsame Erklärung über mehr Anstrengungen im Kampf gegen Resistenzen vereinbart hatten, sei in dem Bereich nicht mehr aktiv, berichtet der Fernsehsender. Der Internationale Pharmaverband (IFPMA) hatte damals eine Industrieallianz gegründet. Neue Antibiotika werden benötigt, weil Bakterien zunehmend gegen ältere resistent werden.
Grund für den Rückzug der Unternehmen sind laut NDR die geringeren Verdienstmöglichkeiten im Vergleich zu Medikamenten gegen Krebs und chronische Erkrankungen. Sie werden nur wenige Tage eingenommen. Zudem sollten neue Mittel nur im Notfall eingesetzt werden, wenn alle herkömmlichen Antibiotika nicht mehr anschlagen.
Der deutsche Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) ist der Ansicht, dass es insgesamt zu wenig Forschungsprojekte gibt. Die Aktivitäten stagnierten auf zu niedrigem Niveau, sagte der Geschäftsführer Forschung, Siegfried Throm. Antibiotika-Resistenzen seien weltweit ein großes Problem. Aufgrund der besseren Versorgung und Hygiene könnten in Deutschland allerdings bis zu 90 Prozent aller Patienten mit den vorhandenen Mitteln gut behandelt werden. Pro Jahr gebe es rund 3300 Todesfälle infolge von Antibiotika-Resistenzen, sagte Throm unter Berufung auf Zahlen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC).