Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mehr als nur eine Schönheit
Leinwandikone Jacqueline Bisset wird 75
LONDON (dpa) - Die amerikanische Zeitschrift „Newsweek“feierte sie als „schönste Filmschauspielerin aller Zeiten“und Jacqueline Bisset ist stolz darauf, dass sie sich bis heute nie unters Messer gelegt hat: „Ich sehe echt aus“, sagte der Hollywoodstar unlängst. Heute feiert die britische Leinwandikone ihren 75. Geburtstag.
Ihre Kindheit verbrachte sie behütet in einem Landhäuschen in der Nähe von London zwischen Büchern und Ballettstunden. „Ich war ein durchschnittliches Kind, ich war nicht wirklich außergewöhnlich“, gestand Bisset der US-amerikanischen Filmzeitschrift „Film Comment“.
Ihre Mutter Arlette war während des Zweiten Weltkriegs aus Paris nach Großbritannien geflüchtet und arbeitete vor ihrer Heirat als Rechtsanwältin. Ihr Vorbild half Jacqueline Bisset als attraktive Nachwuchsschauspielerin sexuellen Belästigungen aus dem Weg zu gehen: „In meiner Kindheit wurde mir eingeflößt: ,Behalte deine Selbstachtung’“. Außerdem nahm sie sicherheitshalber einen Freund zu fragwürdigen Vorsprechterminen mit.
Anfangs kellnerte Bisset und arbeitete als Fotomodell, um Geld für Schauspielunterricht zu verdienen. Roman Polanski gab ihr mit einer Nebenrolle in seiner makabren Komödie „Wenn Katelbach kommt …“(1966) eine Chance; der Film gewann in Berlin den Goldenen Bären. „Ich war eine absolute Anfängerin“, erinnerte sich Jacqueline Bisset in „Film Comment“. „Und Roman war nicht einfach, aber ich mag ihn sehr.“
Hollywood wurde auf die junge Schönheit aufmerksam, als sie neben Steve McQueen für den Krimi „Bullitt“vor der Kamera stand und in „Der Detektiv“für Frank Sinatras Ehefrau Mia Farrow einsprang. Dann kam 1970 der Katastrophen-Blockbuster „Airport“über einen Flughafen im Schneesturm und machte Bisset als Chef-Stewardess zum Star.
Sie pendelte als glamouröses Gesicht der 1970er-Jahre zwischen Drehs in der alten und neuen Welt hin und her und stand unter anderem für François Truffauts Oscar-Gewinner „Die amerikanische Nacht“(1973) vor der Kamera. Doch am bekanntesten wurde Jacqueline Bisset mit dem Kassenschlager „Die Tiefe“aus dem Jahr 1977, in dem sie im Bikinihöschen und durchsichtigen TShirt zusammen mit Nick Nolte nach Schätzen taucht und über Nacht zum Sexsymbol wurde. Ihre Karriere hat dadurch nicht gelitten: Bisset steht seit mehr als einem halben Jahrhundert regelmäßig vor der Kamera, dreht fürs Fernsehen wie fürs Kino. Nach mehreren Nominierungen gewann sie schließlich 2013 einen „Golden Globe“für ihre Rolle als Aristokratin in der BBC-Serie „Dancing on the Edge“, die die Londoner Jazz-Szene der 30er wiederaufleben ließ.
Bis heute sucht Bisset immer noch nach Rollen, die ihr etwas Neues bieten und findet sie vor allem fernab von Hollywood. In Deutschland drehte sie das amerikanische Remake der Alzheimer-Tragikomödie „Honig im Kopf“mit Nick Nolte. Als sie 40 war, hätten sie alle davor gewarnt, dass sie mit 70 keine Rollen mehr bekommen würde. „Ich dachte: ,Ich werde dann immer noch gut im Geschäft sein’ – und hier bin ich.“