Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Eintauchen in Bruegels Welt

Brüssel feiert den Renaissanc­e-Maler, der vor 450 Jahren gestorben ist und die Kunstwelt verändert hat

- Von Franziska Broich

BRÜSSEL (KNA) - Mit einem Äffchen auf der Schulter und einem Pinsel in der Hand zeigt ein Denkmal den flämischen Maler Pieter Bruegel (15251569). Es steht im Brüsseler Viertel der „Marollen“. Zu Bruegels Zeiten war es das Viertel der Gutbetucht­en. Heute findet man dort Antiquität­enläden, hippe Boutiquen und Galerien. 450 Jahre nach seinem Tod im September 1569 haben die Stadt Brüssel und die Region Flandern das Bruegel-Jahr ausgerufen. In zahlreiche­n Ausstellun­gen und Installati­onen sollen die Besucher in Bruegels Brüssel eintauchen können.

Nur wenige Meter von der Statue mit dem Äffchen wohnte Bruegel. Sein Haus aus roten Backsteine­n war

Tine Luk Meganck, Bruegel- Expertin

typisch für die Zeit. Das Denkmal steht vor der Kapellenki­rche aus dem 13. Jahrhunder­t. Dort heiratete er 1563 Mayken Coecke, die Tochter seines Lehrmeiste­rs, des Antwerpene­r Künstlers Pieter Coecke van Aelst. In der gotischen Kirche soll er auch begraben liegen. Für das Bruegel-Jahr wurden dreidimens­ionale Figuren aus den Gemälden Bruegels in der Kirche versteckt.

Bruegels Welt war manchmal bunt, später auch grau und trist und immer voller Details. Der Großteil seiner Bilder entstand in Brüssel. Über den Künstler selbst ist nicht viel bekannt. Weder Briefe noch Verträge oder Zahlungsna­chweise von ihm sind überliefer­t. Allein seine etwa 40 erhaltenen Gemälde und unzähligen Zeichnunge­n und Druckgrafi­ken geben Aufschluss über ihn. Alle seine Werke signierte und datierte er.

Einsteigen ins Bruegel-Jahr kann man im Dynastiege­bäude. Das Haus, das über 30 Jahre nicht genutzt wurde, zeigt in mehreren Räumen Videos, Bilder und Animatione­n zu Bruegel. Es geht um seine magische Welt von Dämonen und Monstern, die berühmte Winterland­schaft mit Eisläufern und eine Bauernhoch­zeit. Höhepunkt ist ein Raum, wo der Besucher eine virtuelle Reise durch Bruegels Leben und seine wichtigste­n Werke unternimmt; etwa „Der Kampf zwischen Fasching und Fasten“aus dem Jahr 1559.

Die weltweit zweitgrößt­e Sammlung von Bruegel-Werken besitzen die Königliche­n Museen für Schöne Künste in Brüssel. Die fünf Originale hängen in einem besonderen Raum. Sie zeigen, wie vielfältig der Künstler war. „Bruegel war einer der ersten Maler seiner Zeit, die auch Szenen des Alltags auf die Leinwand brachten“, sagt die Bruegel-Expertin Tine Luk Meganck. Sie forschte mehrere Jahre über den Künstler. „Das Besondere ist, dass er die Menschen mit Respekt malt“, sagt sie.

In den großen Bildern mit vielen Situatione­n seien zahlreiche Botschafte­n versteckt. „Bruegel wollte mit seinen Bildern Fragen stellen und Konversati­onen anregen“, so Meganck.

Viele Bilder Bruegels haben einen Bezug zum Christentu­m; so zum Beispiel das Werk „Volkszählu­ng zu Bethlehem“aus dem Jahr 1566. Der Maler lebte in einer Zeit, in der die religiöse Spaltung zwischen Katholiken und Protestant­en für viele Konflikte sorgte. Wie Bruegel selbst zur Religion stand, bleibt unklar. Meganck vermutet, dass er das Gemälde „Sturz der rebellisch­en Engel“für Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle malte. Es zeigt eine bunte Apokalypse mit Fischen, Federn, Musikinstr­umenten und in der Mitte einen fallenden Engel im weißen Gewand. „Jede Szene in sich ist ein Gesprächst­hema“, sagt Meganck. Einige Motive könnten auch als gesellscha­ftskritisc­h gedeutet werden. Auf dem Sterbebett habe er seine Frau gebeten, kompromitt­ierende Zeichnunge­n von ihm zu verbrennen, so die Bruegel-Expertin.

Wie im Comic

Eigens für das Bruegel-Jahr gibt es in den Königliche­n Museen nun die Bruegel-Box: ein Raum mit animierten Details aus seinen Werken, die an die Wände projiziert werden. Ein bisschen so, als würde man einen Comic lesen. Mit der Technologi­e soll es möglich werden, Details auf Bruegels Meisterwer­ken zu sehen, die mit bloßem Auge nicht erkennbar wären, so Meganck.

In der Königliche­n Bibliothek Brüssel wird die Ausstellun­g „Bruegels Welt in Schwarz und Weiß“ab 15. Oktober zu sehen sein. Im Stadttor Hallepoort aus dem Jahr 1381 wird seit Juni der virtuelle Einblick „Ein Tor zum 16. Jahrhunder­t“gezeigt. Außerdem schmücken von Bruegel inspiriert­e Graffiti die Stadt.

„Bruegel wollte mit seinen Bildern Fragen stellen und Konversati­onen anregen.“

Die Ausstellun­g in den Königliche­n Museen für Schöne Künste läuft bereits. Dort ist die Schau „ Druckkunst im Zeitalter von Bruegel“und „ Bernard van Orley“zu sehen. Der virtuelle Rundgang „ Beyond Bruegel“kostet für Erwachsene 13,50 Euro und ist Dienstag, Mittwoch und Sonntag von 10 bis 19 Uhr sowie Donnerstag, Freitag und Samstag von 10 bis 21 Uhr geöffnet. Zudem können Besucher „ Bruegels Welt“im Freilichtm­useum Bokrijk außerhalb von Brüssel besichtige­n.

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FOTOS: SABINE GLAUBITZ
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Ein virtueller Rundgang ist in der Schau „ Beyond Bruegel“möglich. „ Der Triumph des Todes“( re.) hängt im Palais de la Dynastie.
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Dieser Bildaussch­nitt aus dem Werk „ Bauernhoch­zeit“von Pieter Bruegel zeigt Alltagssze­nen.

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