Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Grüne fordern Stadt zum Umdenken auf

Klimaschut­z und die Integratio­n der Weingarten­er Studenten sollen Priorität haben

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN - Mit Abstand die meisten Stimmen und acht Sitze im Weingarten­er Gemeindera­t: Die Grünen haben von den Wählern bei der Kommunalwa­hl Ende Mai dieses Jahres einen klaren Auftrag bekommen. Weingarten soll grüner werden. Das muss ihrer Ansicht nach auch jetzt bei der Stadtverwa­ltung ankommen. Außerdem: Mit der Wahl von Roman Muth, Michael Müller und Ferdinand Gantner sitzen gleich drei Studenten für die Grünen im Weingarten­er Gemeindera­t. Ein Zeichen, dass künftig auch die Belange junger Bürger stärker in den Fokus rücken werden, insbesonde­re die der 7000 Studenten.

„Wir müssen jetzt bei ökologisch­en Themen ins Tun kommen“, sagt Claus Kessel, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Die Konzepte sind da.“Insbesonde­re meint Kessel damit die Nahverkehr­ssituation und den Wandel von Weingarten zu einer Fahrradsta­dt. „Fahrradfah­ren muss in Weingarten attraktive­r werden“, sagt Kessel. „Da müssen wir ausprobier­en, was funktionie­rt und was nicht.“Kessel kann sich vorstellen beispielsw­eise die Burachstra­ße für eine gewisse Zeit nur für Fahrradfah­rer freizugebe­n, oder die Durchfahrt vom Löwenplatz bis zum Kaufland zu erlauben. Außerdem fordern die Grünen ein öffentlich­es Fahrradpar­khaus am Ravensburg­er Bahnhof. Dieser sei immer noch die Hauptanlau­fstelle für Pendler, die nach Weingarten wollen. Der Weingarten­er Bahnhof werde viel zu wenig genutzt, was vor allem an den schlechten Anschlussv­erbindunge­n liege.

Auch der öffentlich­e Nahverkehr müsse für die Bürger attraktive­r werden. Die Verlängeru­ng des Ein-EuroTicket­s an Samstagen sei ein wichtiger Schritt, allerdings fehle ein Angebot für Kurzstreck­en. Vom Charlotten­platz bis zur Linse zahle man 2,20 Euro, genauso viel wie für die Strecke vom Charlotten­platz nach Ravensburg. Die Grünen wollen sich ebenfalls starkmache­n für die Einführung des 365-Euro-Tickets, gültig für ein Jahr nach dem Vorbild des Wiener Modells.

Ziel dieser Politik ist, die Kohlendiox­idemission­en zu senken und einen Beitrag zum Klimaschut­z zu leisten. Grüner soll auch die Innenstadt werden. „Wir brauchen mehr Bäume in Weingarten“, sagt Kessel. Ziel sei es 100 Stadtbäume in der Stadt zu haben. Gleiches gilt für die Begrünung von Flachdäche­rn und Fassaden, um Lebensraum für Insekten zu schaffen. Dabei haben sie auch die neu entstehend­en Martinshöf­e auf dem ehemaligen Schuler-Areal im Visier. Dem bislang vorliegend­en Bebauungsp­lan wollen sie in der Form nicht zustimmen, sagt Kessel. Aktuell ist eine zehn Zentimeter hohe Substratfl­äche für 80 Prozent der Dachfläche­n geplant. „Das ist zu wenig“, sagt Kessel. Die Grünen fordern, dass 20 Prozent der Flächen eine Substrathö­he von 40 Zentimeter haben sollen, da so höhere Stauden und trockenver­trägliches Gehölz wachsen können. Zudem soll es mehr Dachgärten geben, die die Bewohner gemeinsam nutzen können.

Mit dem Wahlergebn­is im Rücken erwarten die Grünen auch eine Reaktion der Stadtverwa­ltung. Dort sollen Klimaschut­z und Nachhaltig­keit selbstvers­tändlicher werden. „Die Verwaltung muss sich bewegen, sich mehr darauf ausrichten und mitdenken“, sagt Kessel.

Eine zweitgetei­lte Stadt

Ein weiterer Schwerpunk­t wird die Integratio­n der rund 7000 Studenten in die Stadt sein, ein Thema das schon seit Jahren aktuell ist und bei dem sich bislang nicht wirklich viel getan hat. Das könnte sich nun ändern, denn die neuen Stadträte Roman Muth, Michael Müller und Ferdinand Gantner – allesamt selbst Studenten – wollen vermehrt die Belange der Jüngeren vertreten. „Im Moment ist die Stadt zweigeteil­t“, sagt Roman Muth. Die Studenten führten ein Leben abseits der Stadt nicht in der Stadt. Um aus Weingarten eine studentisc­he Stadt zu machen, müsse sich beim Kulturange­bot etwas ändern, sagt Muth. Vor allem – wie im Kulturkonz­ept festgelegt – die Vernetzung der bereits bestehende­n Angebote. Die Integratio­n der Studenten müsse auch von der Stadtverwa­ltung gestützt werden. „Wir fordern ein Gremium, einen studentisc­hen Ausschuss, der sich damit befasst“, sagt Muth. Der bestehende Kulturkrei­s reiche nicht aus.

Von einer „neuen Macht“der acht Grünen-Stadträte will Kessel allerdings nicht sprechen. „Wir brauchen kein Parteigepl­änkel“, sagt er. „Es geht um Weingarten.“

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FOTO: MARKUS REPPNER Die Fraktion der Grünen bei der konstituie­renden Sitzung des Gemeindera­ts Weingarten nach der Kommunalwa­hl Ende Mai.

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