Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wozu Mönche eine Sternwarte brauchen
Ulrich Bauer erklärt Geschichte und Technik der Sternwarte in Ochsenhausen
OCHSENHAUSEN - Ein Kloster verbinden die wenigsten Menschen mit Wissenschaft und Astronomie. Das Ochsenhauser Kloster mit seiner Sternwarte beweist allerdings, dass sich Mönche schon vor hunderten von Jahren mit Wissenschaft beschäftigt haben. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg laden bei der „Technik mit Geschichte“-Aktion dazu ein, die wissenschaftlichen Einrichtungen der Klöster kennenzulernen. Am Dienstag, 17. September, und Freitag, 20. September, finden jeweils um 14 Uhr in Ochsenhausen Führungen durch die Sternwarte statt, die große Orgel in der Klosterkirche wird ebenfalls besichtigt.
„Man denkt immer, die haben nur gebetet, aber die Mönche waren wissenschaftlich auf der Höhe ihrer Zeit“, sagt der 69-jährige Ulrich Bauer, der die Führungen leitet. Die Sternwarte im Südturm des Ochsenhauser Klosters wurde bereits 1788 von den Benediktinermönchen in Auftrag gegeben. Fertiggestellt wurde sie um 1793. Das Herzstück der Sternwarte ist der sogenannte Azimutalquadrant. Das ist ein Messinstrument mit integriertem Teleskop, mit dem man die Position von Gestirnen exakt bestimmen kann.
Das Gerät ist ungefähr drei Meter hoch und gehört somit zu den größten seiner Zeit. Durch eine Luke in dem kuppelförmigen Dach der Sternwarte kann der Nachthimmel beobachtet werden. „Die Kuppel und der Azimutalquadrant sind um 360 Grad drehbar. Das Teleskop ist in einem 90-Grad-Radius nach oben und unten schwenkbar“, sagt Ulrich Bauer. Konstruiert wurde das Gerät von dem Mönch Basilius Perger, der gleichzeitig Professor für Mathematik, Physik und Astronomie war.
Fürst nahm Wertvolles mit
Die originalen Eisenteile des Azimutalquadranten sind noch erhalten. Die Messingteile, also auch das ganze Teleskop, wurden in den 1980erJahren rekonstruiert. „1825 nahm Fürst Metternich alle wertvollen Teile mit nach Böhmen“, erklärt Bauer. Das rekonstruierte Teleskop hat eine Vergrößerungsstufe von 1 zu 34. Das Original konnte den Nachthimmel lediglich zehn Mal größer erscheinen lassen. „Aus heutiger Sicht ist das nichts Besonderes, damals war das aber ein technischer Meilenstein“, sagt der 69-Jährige.
„Das 18. Jahrhundert war die Zeit der Aufklärung und dieser Bewegung konnten sich die Klöster nicht entziehen“, erklärt Bauer. Außerdem seien die Benediktiner der Wissenschaft gegenüber sehr offen gewesen. Die Erforschung des Himmels hatte für die Mönche zudem ganz praktische Gründe. „Sie wollten damit den Himmel und die Erde vermessen und so exakte Landkarten erstellen“, erklärt Ulrich Bauer. Theologisch sei die Forschung mit einem Satz aus dem Alten Testament begründet worden. „Dort steht: Der Mensch soll sich die Erde untertan machen“, erläutert der 69-Jährige.
Kaiserlich verordnete Bildung
Ein weiterer wichtiger Faktor für die wissenschaftliche Öffnung der Klöster war der damalige Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, Josef II. Der aufklärerische Kaiser erließ Reformen, die Klöster dazu zwangen, sich sozial und im Bereich der Bildung zu engagieren. „Er verordnete den Klöstern die Wissenschaft sozusagen“, erklärt Bauer.
Als sich diese Reformen durchsetzten, ging es den Klosterbrüdern auch um die Zurschaustellung ihres Reichtums. „Die Sternwarten waren Statussymbole“, so der Leiter der Führungen. „Zudem wollten die Mönche nicht, dass ihre Klöster von den Aufklärern weiter als ,Hort des Aberglaubens‘ bezeichnet werden.“
Wer sich für eine Besichtigung der Sternwarte und der Orgel im Kloster Ochsenhausen am 17. und 20. September interessiert, kann sich unter der Telefonnummer 07353 / 911023 anmelden. Die Kosten belaufen sich auf sechs Euro pro Person. Weitere Infos über Führungen der Aktion „ Technik mit Geschichte“in verschiedenen Klöstern und Schlössern im ganzen Land, finden sich unter www. schloesser- und- gaerten. de