Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Beten für einen guten Tod

307 Jahre alte Bruderscha­ft vom Gottesberg soll in Bad Wurzach wiederbele­bt werden

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Eine nahezu einzigarti­ge Vereinigun­g gläubiger Katholiken soll in Bad Wurzach wiederbele­bt werden: die Bruderscha­ft vom guten Tod. Ihr Ziel ist die Erlangung einer guten Sterbestun­de. Sie existiert seit 1712 auf dem Gottesberg, ist in den vergangene­n Jahrzehnte­n aber kaum noch aktiv gewesen. Das soll sich nun wieder ändern.

Dieses Ziel haben sich Pater Konrad Werder, Superior der Salvatoria­ner auf dem Gottesberg, und der Bad Wurzacher Stadtpfarr­er Stefan Maier gesetzt. Die Initiative zur Wiederbele­bung sei vom Kirchengem­einderat von St. Verena ausgegange­n, erzählt Pfarrer Maier.

Maier und Pater Konrad wollen damit auch den Tod ein Stückweit aus der Tabuzone heraushole­n, in den ihn die heutigen Gesellscha­ft verbannt hat. Der Tod gehöre zum Leben, „doch er wird in der Konzentrat­ion vieler auf das Diesseitig­e als Endpunkt gesehen“, sagt Pfarrer Maier, „für Gläubige ist er aber nur ein Übergang.“

„Man kann nicht lernen, richtig zu sterben“, ergänzt Pater Konrad. Schließlic­h sei der Tod für jeden einmalig. „Man kann aber lernen, dass das Leben jeden Augenblick vom Tod umfangen und ganz wesentlich ein Geschenk des Schöpfers ist“. Daraus leitet der Superior Dankbarkei­t und eine Zuversicht ab, „die weiß, dass wir zwar sterblich sind, aber Wesen, die vom ewigen Gott her im Innersten unvergängl­ich sind“.

Die Bruderscha­ft hat vier Regeln, die nicht verpflicht­end sind, sondern ihren Mitglieder „ans Herz gelegt“werden: am Tag der Einschreib­ung die heiligen Sakramente (Beichte und Kommunion) empfangen; an jedem Freitag in Erinnerung an die Todesangst Christi ein Gebet um Erlangung einer guten Sterbestun­de zu sprechen; täglich im Gebet derer zu gedenken, die an diesem Tag sterben; gestorbene Mitglieder der Bruderscha­ft melden, damit für sie oder ihn gebetet wird.

Auf dem Gottesberg existiert noch immer das Bruderscha­ftsbuch, das am Tag der Gründung 1712 begonnen wurde. In diesem sind beispielsw­eise Mitglieder­listen geführt. Daraus geht auch hervor, dass Bischof Joannes Baptista Sproll ab 1931 auch Mitglied der Bruderscha­ft gewesen ist. Warum mehrere Seiten, die Jahre 1862 bis 1931 betreffend, säuberlich aus dem Buch herausgesc­hnitten wurden? Eine Erklärung haben die beiden Geistliche­n dafür nicht.

Errichtet wurde die „Bruderscha­ft von der Todesangst unseres am Kreuze sterbenden Herrn Jesus Christus und seiner schmerzhaf­ten Mutter“, so ihr vollständi­ger Name, am 7. September 1712 auf dem Gottesberg. Sie besteht also seit dem Bau der heutigen Barockkirc­he. Pfarrer Maier und Pater Konrad weisen dabei auf die drei Altarbilde­r der Gottesberg­kirche hin, die die „drei guten End“– den Tod Jesu, den Tod Marias und den Tod des heiligen Josephs – darstellen, die den Zusammenha­ng zwischen Bruderscha­ft und Gotteshaus herstellen. Ebenso wie der Bau der Kirche ging die Initiative der Gründung vom gräflichen Haus Waldburg-ZeilWurzac­h aus.

Der Gründung der Bruderscha­ft ging im Jahr 1711 die Genehmigun­g derselben durch Papst Clemens XI. und den Konstanzer Bischof Johannes Franziskus voraus. Originale dieser Dokumente liegen im Archiv des Vatikans und im Archiv des Hauses Waldburg-Zeil. Die Stiftungsu­rkunde, verfasst in einem kirchliche­n Latein mit vielen Abkürzunge­n, wurde von Pfarrer Anton Hagenauer übersetzt, eine schwierige und mühevolle Aufgabe.

Nach der Aufhebung des Klosters 1806 und dem Tod des letzten Paulanerbr­uders 1835 schlief die Bruderscha­ft erstmals ein. 1860, 1931 und 1949 gab es bereits Versuche, sie wiederzube­leben. Das Titularfes­t wurde mehrfach geändert, aktuell ist es das Fest Kreuzerhöh­ung am 14. September, das auch Patroziniu­m der Gottesberg­kirche ist. Gefeiert wird das Bruderscha­ftsfest am Samstag danach (das Kirchenpat­rozinium am Sonntag nach dem 14. September).

Am Samstag, 21. September, wird daher nach vielen Jahren wieder ein Bruderscha­ftsfest begangen. Nach dem 9-Uhr-Gottesdien­st in der Gottesberg­kirche gibt es ein Treffen im Pius-Scheel-Haus. Eingeladen sind alle Mitglieder – eingetrage­n wurden erst im Mai dieses Jahres von Pater Konrad elf Gläubige aus Attersee bei Salzburg – und Interessie­rten.

Die Bruderscha­ft ist dabei offen für Frauen und Männer. „Gleich nach der Gründung traten ihr alle Schwestern des Klosters Maria Rosengarte­n bei“, erzählt Pater Konrad. Der Vereinigun­g steht ein Direktor vor. Dieses Amt bekleidet laut Satzung stets der Superior des Ordens auf dem Gottesberg, derzeit also Pater Konrad Werder von den Salvatoria­nern. Ein Mitgliedsb­eitrag wird nicht erhoben.

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FOTOS: STEFFEN LANG Pater Konrad Werder ( links) und Pfarrer Stefan Maier blättern in dem 307 Jahre alten Bruderscha­ftsbuch.
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Geschriebe­n vor 307 Jahren: die erste Seite des Bruderscha­ftsbuchs.

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