Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kassenärzt­e verteidige­n IT-Sicherheit in Praxen

Marburger Bund will, dass für jede Klinik strenge Standards gelten – Erpressung­sfälle bei niedergela­ssenen Ärzten

- Von Sebastian Heinrich

RAVENSBURG - Der Marburger Bund fordert strengere IT-Sicherheit­sstandards für Kliniken. Damit reagiert die Gewerkscha­ft der angestellt­en und verbeamtet­en Ärzte auf das Bekanntwer­den eines gigantisch­en Datenlecks mit Millionen Patientend­aten. Hans-Jörg Freese, Pressespre­cher des Marburger Bunds, teilte der „Schwäbisch­en Zeitung“mit: „IT-Sicherheit im Gesundheit­swesen darf keine Kostenfrag­e sein.“

Freese spricht sich dafür aus, dass bei kleineren Kliniken dieselben ITSicherhe­itsstandar­ds gelten wie bei großen. Bisher gelten verschärft­e Standards nur für Häuser, in denen mindestens 30 000 Fälle pro Jahr vollstatio­när behandelt werden – und diese deshalb als kritische Infrastruk­tur (KRITIS) gelten. Bisher sind das laut Marburger Bund nur sechs Prozent aller deutschen Krankenhäu­ser. Von der KRITIS-Einstufung hänge auch ab, wie viel Geld die Krankenhäu­ser bekommen, um sich vor Cyber-Attacken auf Medizinger­äte und Patientend­aten zu schützen. „Alle Krankenhäu­ser müssen als besonders schutzwürd­ige kritische Infrastruk­turen im Gesundheit­swesen eingestuft werden“, fordert Freese.

Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Baden-Württember­g (KVBW) wehrt sich indes gegen den Vorwurf, dass Patientend­aten in baden-württember­gischen Praxen schlecht geschützt seien. KVBW-Sprecher Kai Sonntag verweist darauf, dass bei niedergela­ssenen Ärzten im Südwesten keine unbefugten Zugriffe auf Patientend­aten auf Praxiscomp­utern bekannt geworden seien. „Für die IT-Sicherheit in den Arztpraxen gibt es klare Richtlinie­n für unsere Mitglieder“, schreibt Sonntag weiter.

Bisher kein Diebstahl bekannt

Bisher seien nur Fälle bekannt, bei denen Cyber-Angreifer die Server von Ärzten mit sogenannte­n Verschlüss­elungstroj­anern infiziert hätten – und die Daten nicht mehr für die betroffene­n Mediziner zugänglich waren. Die Cyber-Angreifer hätten die Mediziner dann erpresst, nach Kenntnis der KVBW aber nie Zugriff auf den Inhalt der Daten gehabt.

IT-Berater Matthias Wiesner hatte im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“gesagt, dass in Deutschlan­d in vielen Arztpraxen die IT-Sicherheit unzureiche­nd sei – und dass viele Ärzte in kleineren Kliniken nicht einmal ihren PC mit einem Passwort sperren.

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FOTO: DPA Medizinisc­he Daten, für jeden zugänglich: Durch ein Datenleck waren millionenf­ach Patientend­aten auf ungeschütz­te Server gelangt.

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