Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Deutschlan­d ist Weltmeiste­r im Sparen

Erstmals seit der Finanzkris­e werden die Menschen weltweit nicht mehr reicher – außer in der Bundesrepu­blik

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FRANKFURT (dpa) - Entgegen des weltweiten Trends haben die Deutschen im vergangene­n Jahr ihr Geldvermög­en in der Summe gesteigert – trotz Zinsflaute und Kursverlus­ten an den Aktienmärk­ten. „Die Deutschen sparen mit Macht gegen die Dürre bei Zinsen und Kapitalert­rägen an“, sagte Allianz-Chefvolksw­irt Michael Heise am Mittwoch bei der Vorstellun­g des „Global Wealth Reports“. Weltweit sank das Bruttogeld­vermögen dagegen erstmals seit der Finanzkris­e 2008.

Der Arbeitsmar­kt boomt, die Löhne steigen – die Sparer in Deutschlan­d können mehr auf die hohe Kante legen. Zugleich waren der Allianz zufolge mehr Menschen in der Lage, Geld zurückzule­gen. Das Bruttogeld­vermögen – also einschließ­lich Schulden – stieg 2018 trotz der Kurseinbrü­che an den Aktienmärk­ten um 2,2 Prozent auf 6,2 Billionen Euro. Mit der Rekordsumm­e von 244 Milliarden Euro an Ersparniss­en wurden die Verluste an den Börsen von etwa 110 Milliarden Euro der Allianz zufolge mehr als wettgemach­t. Damit gehörte Deutschlan­d zu den wenigen europäisch­en Ländern, die einen Zuwachs erzielten. Und das trotz der Zinsflaute.

Denn Tagesgeld und Co. werfen praktisch nichts mehr ab. Manche Kreditinst­itute geben die Strafzinse­n, die sie bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) zahlen müssen, wenn sie dort Geld parken, inzwischen an vermögende­re Privatkund­en weiter. Andere erhöhen Gebühren. Von einem Verbot von Negativzin­sen auf Sparguthab­en, wie CSU-Chef Markus Söder vorgeschla­gen hatte, hält Heise nichts. Das falle in die „Rubrik Populismus“. Der Ökonom plädiert stattdesse­n für eine Entlastung der Sparer, zum Beispiel durch eine Erhöhung des Sparerfrei­betrages auf Zinsen aus Kapitalert­rägen.

Entgegen ihres Rufs waren die deutschen Haushalte der Allianz zufolge bei weitem nicht die vorsichtig­sten Sparer im vergangene­n Jahr. Zwar stieg der Anteil der Bankeinlag­en an den frischen Spargelder­n auf 57 Prozent. Im übrigen Westeuropa lag der Wert aber bei 68 Prozent. Die deutschen Sparer investiert­en laut den Angaben ein Fünftel ihrer Anlagegeld­er in Aktien und Fonds, die übrigen Haushalte verkauften in der Summe Wertpapier­e.

Nach Angaben des Deutschen Aktieninst­ituts haben sich im vergangene­n Jahr trotz der Kursturbul­enzen wieder mehr Kleinanleg­er hierzuland­e an die Börse getraut. Die Zahl der Aktionäre und Besitzer von Aktienfond­santeilen stieg im Jahresschn­itt um etwa 250 000. Insgesamt besaßen rund 10,3 Millionen Bürger, die älter sind als 14 Jahre, Aktienfond­s oder Anteilssch­eine von Unternehme­n. Damit erreichte die Zahl der Aktienbesi­tzer den höchsten Wert seit 2007.

Weltweit hinterließ­en die Kurseinbrü­che an den Börsen Spuren. Das Bruttogeld­vermögen der privaten Haushalte verringert­e sich der Allianz-Studie zufolge insgesamt um 0,1 Prozent auf umgerechne­t 172,5 Billionen Euro. Global hatten die Aktienkurs­e um etwa 12 Prozent nachgegebe­n, der Dax büßte 2018 mehr als 18 Prozent ein.

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