Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gangster-Gattinnen auf Abwegen
„The Kitchen: Queens of Crime“ist ein gut besetztes Drama mit verschenktem Potenzial
Ehefrauen, die das kriminelle Geschäft ihrer Männer übernehmen müssen – das hatten wir doch gerade erst? Tatsächlich erinnert bei „The Kitchen“einiges an „Widows – Tödliche Witwen“. Allerdings sind die Gatten dieses Mal nicht tot, sondern „nur“für drei Jahre im Gefängnis. Auch spielt der Film nicht in der Gegenwart, sondern im noch wesentlich machomäßigeren New York der späten 1970er-Jahre. Vor allem aber erntet die Geschichte über die kriminellen Gemahlinnen wider Willen im Gegensatz zu den hochgelobten Witwen weitgehend negative Kritiken. Der Tenor: Eine vertane Chance.
An Potenzial wäre dabei tatsächlich einiges da gewesen. Zumindest die Hauptdarstellerinnen werden diesem auch ansatzweise gerecht. Ihre Figuren Kathy Brennan (Melissa McCarthy), Ruby O’Carroll (Tiffany Haddish) und Claire Walsh (Elisabeth Moss) stehen am Rande der Verzweiflung, als ihre Männer bei einem missglückten Überfall auf einen Schnapsladen verhaftet werden. Schließlich sind alle drei Hausfrauen mit Kindern und ohne Einkommen. Zwar schwingt der örtliche Gangsterboss Little Jackie (Myk Watford) große Reden, dass die irisch-stämmige „Familie“im New Yorker Stadtteil Hell’s Kitchen zusammenhalte – gesteht den Frauen dann aber nur ein karges Auskommen zu.
Daraufhin versucht sich das Trio selber in Schutzgelderpressung und anderen Geschäften. Zunächst werden sie nicht ernst genommen. Als sie den irren Auftragsmörder Gabriel O’Malley (Domhnall Gleeson) auf ihre Seite bekommen, wendet sich aber das Blatt – und die Einkünfte beginnen zu fließen. Jede der drei Frauen geht dabei ihren eigenen Weg und hat ihre eigenen Kämpfe durchzustehen. Kathy hält zunächst wenig vom Gangster-Geschäft, entdeckt dann aber zunehmend, dass sie dafür die passenden Eigenschaften mitbringt. Claire musste lange unter ihrem gewalttätigen Ehemann leiden und beginnt nun eine Affäre mit Killer Gabriel, der sie auch in sein Handwerk einweist. Und die farbige Ruby ist aufgrund des grassierenden Rassismus in der Stadtteil-Hierarchie ganz unten angesiedelt.
Keine schwarze Komödie
Ihre Geschichte wird im körnigen 70er-Jahre-Look inszeniert, dazu gibt es einen gut ausgewählten Soundtrack mit Rocknummern aus der Zeit. Und Regisseurin Andrea Berloff kann auf erfolgreiche Drehbücher wie „Straigt Outta Compton“zurückblicken. Bei ihrem Regiedebüt misslingt ihr aber weitgehend die Balance zwischen einer vagen Selbstbestimmungsbotschaft und dem zunehmend brutaler werdenden Geschäft des Trios.
Ein bissiger Wohlfühlfilm über eigenständige Frauen ist „The Kitchen“somit ebenso wenig geworden wie eine schwarze Komödie. Auch gibt es am Ende einige nur bedingt plausible Handlungswendungen. Dadurch lässt einen die Geschichte aus der „Höllenküche“letztlich leider weitgehend kalt.
The Kitchen: Queens of Crime. Regie: Andrea Berloff. Mit Melissa McCarthy, Tiffany Haddish, Elisabeth Moss. 102 Minuten, USA 2019, FSK ab 16.