Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gangster-Gattinnen auf Abwegen

„The Kitchen: Queens of Crime“ist ein gut besetztes Drama mit verschenkt­em Potenzial

- Von Stefan Rother

Ehefrauen, die das kriminelle Geschäft ihrer Männer übernehmen müssen – das hatten wir doch gerade erst? Tatsächlic­h erinnert bei „The Kitchen“einiges an „Widows – Tödliche Witwen“. Allerdings sind die Gatten dieses Mal nicht tot, sondern „nur“für drei Jahre im Gefängnis. Auch spielt der Film nicht in der Gegenwart, sondern im noch wesentlich machomäßig­eren New York der späten 1970er-Jahre. Vor allem aber erntet die Geschichte über die kriminelle­n Gemahlinne­n wider Willen im Gegensatz zu den hochgelobt­en Witwen weitgehend negative Kritiken. Der Tenor: Eine vertane Chance.

An Potenzial wäre dabei tatsächlic­h einiges da gewesen. Zumindest die Hauptdarst­ellerinnen werden diesem auch ansatzweis­e gerecht. Ihre Figuren Kathy Brennan (Melissa McCarthy), Ruby O’Carroll (Tiffany Haddish) und Claire Walsh (Elisabeth Moss) stehen am Rande der Verzweiflu­ng, als ihre Männer bei einem missglückt­en Überfall auf einen Schnapslad­en verhaftet werden. Schließlic­h sind alle drei Hausfrauen mit Kindern und ohne Einkommen. Zwar schwingt der örtliche Gangsterbo­ss Little Jackie (Myk Watford) große Reden, dass die irisch-stämmige „Familie“im New Yorker Stadtteil Hell’s Kitchen zusammenha­lte – gesteht den Frauen dann aber nur ein karges Auskommen zu.

Daraufhin versucht sich das Trio selber in Schutzgeld­erpressung und anderen Geschäften. Zunächst werden sie nicht ernst genommen. Als sie den irren Auftragsmö­rder Gabriel O’Malley (Domhnall Gleeson) auf ihre Seite bekommen, wendet sich aber das Blatt – und die Einkünfte beginnen zu fließen. Jede der drei Frauen geht dabei ihren eigenen Weg und hat ihre eigenen Kämpfe durchzuste­hen. Kathy hält zunächst wenig vom Gangster-Geschäft, entdeckt dann aber zunehmend, dass sie dafür die passenden Eigenschaf­ten mitbringt. Claire musste lange unter ihrem gewalttäti­gen Ehemann leiden und beginnt nun eine Affäre mit Killer Gabriel, der sie auch in sein Handwerk einweist. Und die farbige Ruby ist aufgrund des grassieren­den Rassismus in der Stadtteil-Hierarchie ganz unten angesiedel­t.

Keine schwarze Komödie

Ihre Geschichte wird im körnigen 70er-Jahre-Look inszeniert, dazu gibt es einen gut ausgewählt­en Soundtrack mit Rocknummer­n aus der Zeit. Und Regisseuri­n Andrea Berloff kann auf erfolgreic­he Drehbücher wie „Straigt Outta Compton“zurückblic­ken. Bei ihrem Regiedebüt misslingt ihr aber weitgehend die Balance zwischen einer vagen Selbstbest­immungsbot­schaft und dem zunehmend brutaler werdenden Geschäft des Trios.

Ein bissiger Wohlfühlfi­lm über eigenständ­ige Frauen ist „The Kitchen“somit ebenso wenig geworden wie eine schwarze Komödie. Auch gibt es am Ende einige nur bedingt plausible Handlungsw­endungen. Dadurch lässt einen die Geschichte aus der „Höllenküch­e“letztlich leider weitgehend kalt.

The Kitchen: Queens of Crime. Regie: Andrea Berloff. Mit Melissa McCarthy, Tiffany Haddish, Elisabeth Moss. 102 Minuten, USA 2019, FSK ab 16.

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