Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

66,6 Millionen Euro: So viel ist Weingarten wert

Stadtkämme­rei schließt Vermögensb­ewertung im Rahmen der Doppik-Umstellung ab

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN - Jetzt steht es also fest: Der Wert der Stadt Weingarten beträgt knapp 66,6 Millionen Euro. Wie Stadtkämme­rer Daniel Gallasch im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärte, sei damit ein wichtiger Schritt im Rahmen der Umstellung des Haushalts von Kameralist­ik auf die doppelte Buchführun­g, auch Doppik genannt, gemacht. Die Umstellung ist vom Gesetzgebe­r vorgeschri­eben und begann zum Jahresanfa­ng 2019 (SZ berichtete).

Mit dem Abschied von der Kameralist­ik endet das Prinzip der reinen Ausgaben- und Einnahmen-Rechnung, so wie die meisten privaten Haushalte rechnen. Wie viel Geld steht monatlich zur Verfügung? Was wird für Miete, Essen, Kleidung oder Auto gebraucht? Was bleibt zum Sparen übrig? Wie finanziert man eine außergewöh­nliche Anschaffun­g? Braucht es einen Kredit? Oder kann man auf Angesparte­s zurückgrei­fen?

So einfach dieses Prinzip ist, hat es aber auch Schwächen, denn es berücksich­tigt nicht den Wert einzelner Posten, wie Autos, Straßen oder öffentlich­er Gebäude. Sie werden in der Kameralist­ik immer gleich gesehen, obwohl ihr Wert und Zustand über die Jahre hinweg gesunken beziehungs­weise miserabel ist.

Mit der Umstellung auf die doppelte Buchführun­g soll dies nun anders werden. Die Stadt Weingarten führt damit ihre Bücher wie ein Unternehme­n und legt eine Gewinnund Verlustrec­hnung vor. Im neuen System ist dann der Werteverlu­st von Gebäuden, Straßen und Grundstück­en berücksich­tigt. Diesen Werteverlu­st muss die Stadt erwirtscha­ften, um reinvestie­ren zu können. „Mit der Doppik kann man vorausscha­uen und kontinuier­licher in Projekte investiere­n im Sinne der Nachhaltig­keit und Generation­engerechti­gkeit “, sagt Stadtkämme­rer Daniel Gallasch. So können beispielsw­eise Schulen regelmäßig­er saniert werden, anstatt Investitio­nen bis zum Verfall hinauszuzö­gern.

Doch dazu mussten Projektlei­ter Dennis Langhans und sein Team das Stadteigen­tum bewerten. Diese Arbeit ist nun abgeschlos­sen. Ergebnis: Der Wert der Stadt Weingarten beläuft sich insgesamt auf 66,6 Millionen Euro. Ausgenomme­n von der Bewertung sind die Eigenbetri­ebe der Stadt wie das Kultur- und Kongressze­ntrum. Der Löwenantei­l der Bewertung mit 17,3 Millionen Euro entfällt dabei auf die Schulen, gefolgt von Straßen, Wegen, Plätzen und Verkehrsle­nkungsanla­gen mit 11,7 Millionen Euro und Ackerland mit knapp 2,4 Millionen Euro.

Wichtig ist, dass es sich bei der Bewertung um Bilanzwert­e handelt und nicht um Marktwerte. Weingarten­s Rathaus hat beispielsw­eise einen Bilanzwert von 298 925 Euro, was natürlich nicht der Preis ist, zu dem es zu kaufen wäre.

Grundlage der Bewertung sind die Anschaffun­gs- und Herstellun­gskosten sowie das Aktivierun­gsdatum, anhand dessen die Dauer der Abschreibu­ngen, des Werteverlu­stes also, festgelegt wird. Für das Rathaus bedeutet dies: Da das Aktivierun­gsdatum länger als sechs Jahre her ist und die ursprüngli­chen Anschaffun­gskosten nicht mehr ermittelba­r sind – das Rathaus wurde im 17. Jahrhunder­t gebaut –, fallen als Kosten und damit als Wertgrundl­age die Aufwendung­en für die Sanierung aus dem Jahr 2013 an. Diese betrugen exakt 365 352,18 Euro. Der jährliche Wertverlus­t, die sogenannte Abschreibu­ng, beträgt knapp 11 000 Euro. Macht also über sechs Jahre hinweg knapp 300 000 Euro an Bilanzwert.

Bewertet wurden knapp 1200 Grundstück­e und etwa 120 Gebäude. Aber auch Einzelgege­nstände, wie die Kunstwerke aus dem Alamannenm­useum, musste ein Fachmann bewerten. So wurde ein Sturzbeche­r aus Glas in Grab 2447 mit 1000 Euro berechnet. Einen Werteverfa­ll gibt es hier allerdings nicht.

Die Kosten für die Doppik-Umstellung muss die Stadt allein tragen. Und die sind beträchtli­ch. Seit 2016 hat Weingarten allein in neues Personal 110 000 Euro investiert. Hinzu kamen über 60 000 Euro für Schulungen und noch einmal 45 000 Euro für die Umstellung der Software.

Doch damit nicht genug. Auch nach der Umstellung fallen weitere Kosten an: 55 000 Euro jährlich für Personal und 107 000 Euro für das kommunale Rechenzent­rum. Kosten, die der Stadt per Gesetz aufgebürde­t wurden.

Bis zur Eröffnungs­bilanz wird es aber noch eine Weile dauern. Vermutlich nächstes Jahr wird sie präsentier­t.

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GRAFIK: ALEXIS ALBRECHT Wie viel wert ist Weingarten? Seit 2015 arbeitet das Doppik-Team an der Bewertung des Eigentums der Stadt. Jetzt ist die Bewertung abgeschlos­sen.

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