Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Steigerung von überlegen

Bayern meldet mit hochverdie­ntem Sieg zurück – Chancenwuc­her gegen Belgrad

- Von Filippo Cataldo

MÜNCHEN - Feldüberle­genheit ist keine Eigenschaf­t, die Spieler des FC Bayern München irgendwie überrasche­n könnte; in den letzten zehn Jahren dürfte man die Partien, in denen der Rekordmeis­ter seltener am Ball war als sein Gegner, an zwei Händen abzählen können. Gegen Roter Stern Belgrad waren die Bayern beim letztlich deutlichen 3:0-Auftaktsie­g ihrer Champions-LeagueKamp­agne aber nicht nur überlegen. Ihre Feldüberle­genheit mutete geradezu absurd an. 81 Prozent Ballbesitz hatten die Münchner in der ersten Halbzeit, 73 Prozent am Schluss. Dazu kamen 32 Torschüsse, schier unglaublic­he 765 Pässe bei einer Passgenaui­gkeit von 89 Prozent – und doch taten sie sich beim 3:0 (1:0) sehr lange recht schwer. Zumindest mit dem Toreschieß­en.

Das sah auch Trainer Nico Kovac so: „Wir können sehr zufrieden sein. Wir haben drei Tore geschossen, das ist standesgem­äß. Wir hätten noch mehr Tore machen können, vielleicht fehlte die letzte Konsequenz“, sagte Kovac. Ähnlich sah es Stürmer Robert Lewandowsk­i: „Wir haben zu wenige Tore geschossen und manchmal die falschen Entscheidu­ngen getroffen. Aber auch solche Spiele sind brauchbar.“

Neue Dimension wegen Coutinho

Dabei spielten die Bayern von Beginn an munter drauflos. Mit einem schnellen Kurz- und Doppelpass­spiel versuchten sie, die eng stehenden Belgrader aus der Deckung zu locken, um Lücken zu schaffen. Zeitweise schienen sie aber den Ball ins Tor tragen zu wollen. Dabei waren sie am gefährlich­sten, wenn sie es aus der Distanz versuchten.

Philippe Coutinho etwa deutete zum ersten Mal an in München, wieso der FC Barcelona ihn einst zum zweitteuer­sten Spieler der Welt machte. Der Spielmache­r, schlug Pässe aus dem Fußgelenk, gleichzeit­ig so präzise, fest und doch butterweic­h, dass andere sich allein beim Versuch den Knöchel ausrenken würden. Er war agil, trickreich, torgefährl­ich. Und doch wirkte es auch so, als ob er an einem anderen Spiel teilnehmen würde als seine Mitspieler. Es schien manchmal, als ob er zu gut, zu kreativ wäre für seine Spieler, ein Außerirdis­cher unter keinesfall­s untalentie­rten Menschen. „Er hat ein richtig gutes Spiel gemacht. Mit seiner Fußballint­elligenz bringt er schon eine andere Dimension“, sagte Kovac über Coutinho. Als der Brasiliane­r fünf Minuten vor der Pause mit einem ansatzlose­n Absatztref­fer zum 2:0 einschoss und vermeintli­ch alles klarmachte, wurde er aber – zurecht – wegen einer hauchdünne­n Abseitsste­llung zurückgepf­iffen. Das 1:0 hatte in der 34. Minute Kingsley Coman mit einem Flugkopfba­ll nach einer scharfen Hereingabe von Flügelkoll­egen Ivan Rakitic erzielt.

Das Tor entstand aus der unterhalts­amsten Minute der ersten Halbzeit: Erst war Perisic aus kürzester Distanz gescheiter­t, dann hatte Bayerns Torwart Manuel Neuer im Gegenzug einen Konter durch einen Ausflug ins Mittelfeld unterbunde­n, woraufhin Perisic mit einer Köpertäusc­hung seinen Gegenspiel­er austrickst­e, in die Mitte flankte und Coman fand.

Doch weil die Münchner auch nach dem zurückgepf­iffenen Treffers Coutinhos weiter ihre Tormöglich­keiten liegen ließen, als ob sie Solidaritä­t mit den tags zuvor, freilich gegen den FC Barcelona, ähnlich chancenrei­chen Dortmunder­n zeigen wollten, wurde es in der Allianz Arena doch irgendwann ein wenig hektisch. Vor allem auf den Rängen.

Hatten die Belgrader Fans schon zu Beginn die akustische Hoheit, bekamen die Münchner Anhänger in der Südkurve nun im Verlauf der zweiten Halbzeit kaum mehr als „Oooh“heraus – bis sie Lewandowsk­i dann mit einer feinen Einzelleis­tung zehn Minuten vor Schluss doch noch mit seinem mit der Schuhspitz­e eingespitz­elten Treffer zum 2:0 erlöste. Und mit den Fans auch seine Mannschaft.

Denn Roter Stern Belgrad – Landespoka­lsieger 1991, aber erst in den letzten Jahren wieder ein wenig auf dem Vormarsch – hatte zwar kaum Ballbesitz und zeigte kaum ernsthafte Ambitionen, kam aber dennoch zu durchaus gefährlich­en Chancen.

Nach dem 2:0 war der Kas ´bissen: der für Coutinho eingewechs­elte Thomas Müller (mit nun 106 Einsätzen Bayerns alleiniger Königsklas­sen-Rekordspie­ler) verwertete einen Freistoßhe­ber Thiagos aus zentraler Position in der ersten Minute der Nachspielz­eit zum – immer noch fast zu niedrigen – 3:0.

Bayern München – Roter Stern Belgrad 3:0 (1:0). – Tore: 1:0 Coman (34.), 2:0 Lewandowsk­i (80.), 3:0 Müller (90.+1). – Zuschauer: 70 000 (ausverkauf­t)

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FOTO: IMAGO IMAGES Der Beginn des Torreigens: Kingsley Coman köpft den Ball an Milan Borjan vorbei ins Netz.

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