Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Reus zürnt und übt Elfmeter
Ter Stegen untermauert Ansprüche – Beim BVB überwiegt nach 0:0 die Enttäuschung
DORTMUND (SID/dpa) - Der Frust über die vergebene Chance saß tief, auch wenn etwas Abstand die ersten Empfindungen relativierte. Marco Reus jedenfalls holte sich den Applaus für eine grandiose zweite Halbzeit sichtlich widerwillig ab. Es dauerte, bis beim Unglücksraben und seinen Mitspielern von Borussia Dortmund die Enttäuschung verflog – und langsam der Stolz auf einen großen Europapokal-Abend durchbrach. „Wie das Gefühl ist? Ehrlich gesagt: scheiße“, sagte Reus, der beim 0:0 gegen die wackligen Weltstars des FC Barcelona mit einem Elfmeter am durchweg überragenden Marc-Andre ter Stegen gescheitert war (57.). Ein Spiel, in dem der BVB den spanischen Giganten sehr lange kurz vor dem Sturz hatte. Aber dann doch die Nerven verlor.
Es war schon erstaunlich: „Ich gehe mit dem Gefühl nach Hause, dass wir es verpasst haben, uns in der Gruppe einen kleinen Puffer zu erarbeiten“, betonte der ebenfalls ganz starke Mats Hummels. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagte: „Wie die Mannschaft aufgetreten ist, darauf bauen wir auf. Das Ergebnis fühlt sich mit dem Hintergrund des Spielverlaufs nicht so gut an.“
Diesen fasste Reus perfekt zusammen. „Wir hatten die größeren Möglichkeiten. Insbesondere ich.“Sein Elfmeter? „Schlecht geschossen, da muss ich ran.“Doch neben Reus, der weitere großartige Chancen hatte, hätten auch Jadon Sancho und der ehemalige Barca-Stürmer Paco Alcacer treffen können. Oder müssen. Julian Brandt hämmerte zudem einen furiosen Fernschuss an die Latte (77.). „0:0 – das kann gegen die schon mal passieren“, analysierte Sportdirektor Michael Zorc augenzwinkernd.
Dennoch bedeutet das Unentschieden in der schwierigen Gruppe F mit Slavia Prag und Inter Mailand einen wichtigen Bonuspunkt. Der kommende Gegner Slavia (2. Oktober) holte in Mailand überraschend ein 1:1, was im Sinne des BVB war.
Für höchste Ansprüche gerüstet
Folgendes sollte allerdings nicht vergessen werden: Dieselbe Mannschaft, die Barça phasenweise an die Wand drückte, hat vor zweieinhalb Wochen noch blamabel bei Union Berlin verloren. Deshalb wollte Marco Reus nicht zu streng sein. Er habe „schon Schlimmeres erlebt“. Und überhaupt: „Es hat nicht sein sollen. Spätestens am Donnerstag ist der Kopf sowieso wieder oben.“
Sein verlorenes Privatduell mit Marc-Andre ter Stegen, der tags zuvor erst seinem Rivalen Manuel Neuer heftig über den Mund gefahren war, ist dann wohl auch wieder vergessen. „In Dortmund wurde ter Stegen zum Riesen und schickte eine Nachricht an den Bundestrainer Joachim Löw“, kommentierte die Sportzeitung „Marca“: „Er MUSS Stammtorhüter in Deutschland sein.“Für Neuer spreche „nur die Nostalgie“.
Für den BVB spricht, dass er sich aus der ersten kleinen Krise überzeugend befreit hat. Der Sieg gegen Bayer Leverkusen (4:0) und das „positive 0:0“(Trainer Lucien Favre) lassen auf eine Saison hoffen, in der die Dortmunder eben doch für höchste Ansprüche gerüstet sind. Vom „Pulverfass BVB“, wie es zu lesen gewesen war, kann keine Rede mehr sein.
„Wenn wir mit der Einstellung, Aggressivität und Freude in jedes Spiel gehen, mache ich mir keine Sorgen“, sagte Reus, wissend, dass dies bei Union (1:3) und beim 1. FC Köln (3:1) das Problem war. Vor dem Spiel bei Eintracht Frankfurt (So., 18 Uhr/Sky) hat sich der Kapitän zudem noch etwas anderes vorgenommen: „Elfmeter üben.“