Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
US-Notenbank in der Zwickmühle
Donald Trump setzt die FED unter Druck – Sie soll den Schaden beheben, den er selbst anrichtet
FRANKFURT - „Kein Mut, kein Sinn, keine Vision“– so lautete das Urteil Donald Trumps nur wenige Minuten, nachdem die Notenbank seines Landes eine Leitzinssenkung angekündigt hat. „Jay Powell und die Federal Reserve haben wieder versagt“. Jay Powell heißt in Wirklichkeit Jerome und sitzt auf dem Chefsessel der Zentralbank FED.
Kurz zuvor hatte Powell angekündigt, den Leitzins in den USA um 0,25 Prozent auf die Spanne zwischen 1,75 und zwei Prozent zu senken. Als Grund nannte er vor allem die aktuelle Schwäche des globalen Wachstums. Nur wenige Tage zuvor hatte EZB-Präsident Mario Draghi diesseits des Atlantiks ähnlich argumentiert. Noch läuft die Wirtschaft in beiden Regionen zwar mehr oder minder rund. Doch die Notenbanker sehen erhebliche Abwärtsrisiken für ihre Volkswirtschaften. „Anders als in Europa ist die Inflationsentwicklung nicht der wichtigste Grund für den neuen expansiven Kurs der Fed, sondern die deutliche Abkühlung der US-Wirtschaft“, sagte ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann.
Auf die Kritik seines Präsidenten angesprochen sagte Powell, dass er sich generell nicht zu Kommentaren von „gewählten Amtsträgern“äußere. Die Notenbank aber lasse sich in ihrer Geldpolitik nicht von politischen Erwägungen leiten, sie richte ihre Linie an „Fakten“aus. Das allerdings bezweifeln Beobachter mittlerweile. Denn immer wieder attackiert Donald Trump den geldpolitischen Kurs seiner Notenbank. Der Präsident würde die Zinsen lieber sofort nahe der Nulllinie sehen, um die Wirtschaft stärker zu stimulieren. Hintergrund ist, dass im kommenden Jahr wieder Wahlen anstehen – und da käme eine schwächelnde Wirtschaft Trump im Wahlkampf in die Quere.
Powell seinerseits hatte die Märkte auf die jüngste Senkung vorbereitet. Er vollzieht sie mindestens in Zeiten erhöhter Nervosität an den Finanzmärkten. Und deren Ursache wiederum lokalisiert er – wie die meisten anderen Ökonomen rund um den Globus auch – in der Folge von Handelskriegen. „Eine Schwäche des globalen Wachstums und die Unsicherheit der Handelspolitik haben die Wirtschaft belastet und stellen weiterhin ein Risiko dar“, sagte Powell und lieferte damit eine indirekte Retourkutsche an das Weiße Haus. Denn Donald Trump ist es, der Hauptverursacher von Handelskonflikten ist, insbesondere mit China.
Zwar sind sich die meisten Experten einig, dass die Konflikte zu Unsicherheit in Unternehmen führen und damit auch zur Zurückhaltung bei den Investitionen, was wiederum auf das Wirtschaftswachstum schlägt. Deswegen hat Powell den Zinsschritt eben genau so begründet. Dennoch gibt er faktisch dem Druck nach, der von Donald Trump kommt.
Die FED funktioniere schon „fast wie eine weisungsbefugte Abteilung des Weißen Hauses“, meint deswegen der Chefvolkswirt der Targobank, Otmar Lang. Denn Trump sitze, egal was passiert, am längeren Hebel. „Eskaliert der Zollkonflikt und senkt die FED die Zinsen nicht weiter, kann der amerikanische Präsident die Schuld an der Rezession auf Jerome Powell schieben. Löst sich der Handelskrieg, verbessern sich auch die US-Konjunkturaussichten – und dann kann sich Trump für seine Wirtschaftspolitik feiern lassen“.
Dass die FED in dieser Konstellation quasi in einer Zwickmühle steckt, zeigt auch die Tatsache, dass nicht alle Mitglieder des Entscheidungsgremiums der Notenbank einer Meinung waren: Drei Währungshüter votierten gegen eine Zinssenkung. Dagegen signalisierten sieben von 17 Vertretern, dass sie sich sogar noch eine weitere Senkung der Leitzinsen in diesem Jahr vorstellen können.