Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Sehr beeindruckend“, „Wahnsinnsprojekt“
Genussmanufaktur in Urlau ist am Freitagnachmittag offiziell eröffnet worden
LEUTKIRCH/URLAU - Nach einer kurzen Probephase in der ersten Septemberhälfte ist die Allgäuer Genussmanufaktur in Urlau am Freitagnachmittag offiziell eröffnet worden. Rund 850 Bürger haben sich für die Wiederbelebung des historischen Brauereigebäudes in der Ortsmitte zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen und Anteile für rund 1.2 Millionen Euro erworben. Neben 16 Kunsthandwerkern ist dort auch ein Dorfmarkt, ein Café und eine Bäckerei untergebracht.
Zahlreiche Genossenschaftsmitglieder und Gäste kamen zur offiziellen Eröffnung des neuen Urlauer „Aushängeschilds“, wie Leutkirchs Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle die Genussmanufaktur bezeichnete. Er durfte bei der Eröffnungsfeier in der großen Bibliothek die erste Rede halten. Ein „Wahnsinnsprojekt“sei die Manufaktur, so Henle anerkennend. Dass sich 850 Bürger zusammentun, um das historische Gebäude aus dem Dornröschenschlaf zu wecken und man den Mut habe, diese „kühne Idee“in die Tat umzusetzen, sei „sehr beeindruckend“. Die Verantwortlichen rund um Christian Skrodzki hätten mit dem Leutkircher Bürgerbahnhof bereits bewiesen, „dass sie es können“. Deswegen sei Henle sich auch sicher, dass es funktioniert. TRAUERANZEIGEN „Hier wird das wahre Allgäu gezeigt“, sagte Henle, der auch den 16 Kunsthandwerkern zu ihrem Mut gratuliert, bei der Allgäuer Genussmanufaktur dabei zu sein. Selbstverständlich sei es für das Projekt sicher auch kein Fehler, so Henle schmunzelnd, dass sich quasi direkt daneben der neue Ferienpark befindet.
Als nächster Redner, der sich wie alle anderen auch an die Vorgabe von Skrodzki hielt, nicht länger als „fünf bis sieben Minuten“zu reden, war Thomas Hagenbacher von Genossenschaftsverband Baden-Württemberg an der Reihe. „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“– dieser Leitgedanke der Genossenschaften sei auch hier in Urlau perfekt umgesetzt worden. Für die Stadt, die Region und die Menschen habe man damit gemeinsam einen „großen Mehrwert geschaffen“, so Hagenbacher. Mit dieser weiteren Genossenschaft sei Leutkirch „mittlerweile ein Zentrum des Genossenschaftswesens.“
„Große Genussstadt“Leutkirch
Zu den Gästen gehörte auch „Nachbar“Christoph Muth, General Manager des Ferienparks Park Allgäu. Mit Blick auf die vielen Genüsse, kulinarisch wie kulturell, die Leutkirch schon jetzt biete, und die durch die neue Genussmanufaktur nochmals vielfältiger werden, schlug er vor, Leutkirch statt „Große Kreisstadt“den Zusatz „Große Genussstadt“zu verleihen.
Ein besonderes Geschenk hatte anschließend Dieter Krattenmacher, Vorsitzender der Leader-Aktionsgruppe Württembergisches Allgäu, dabei. Und zwar die Leader-Tafel, gleichbedeutend mit der Förderung des Projekts in Höhe von Rund 170 000 Euro. Allerdings konnte er die Tafel vorerst nur „probeweise“übergeben, da noch letzte Details fehlen. Skrodzki und seinen Vorstandskollegen Tobias Pflug freute es trotzdem. „Das motiviert mich, die letzten Formulare noch zu unterschreiben“so Skrodzki schmunzelnd.
Anschließend blickte Christian Rast, Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft, auf die Realisierung des Projektes zurück, bei der es auch einige „Schrecksekunden“gegeben habe. Beispielhaft nennt er etwa das „gefühlt endlose Warten auf die Baugenehmigung“wegen Brandschutzauflagen sowie die Herausforderung, trotz maximaler Auslastung in deren Auftragsbüchern Handwerker zu bekommen.
Das Schlusswort im offiziellen Teil blieb Skrodzki selbst vorbehalten, der am Pult erst einmal ein paar Momente brauchte, um sich zu fassen. Und der auch mit der einen oder anderen Träne zu kämpfen hatte. „Das ist ein Gefühl von Glücklichsein“, so Skrodzki.
Der würdigte anschließend zahlreiche Personen, deren Namen zwar selten in der Zeitung stehen würden, die aber maßgeblich dafür verantwortlich seien, dass das Projekt überhaupt realisiert werden konnte: „Tausend Dank für eure unglaubliche Unterstützung“.
Zu den insgesamt 16 Handwerkern und Künstlern, die in der Genussmanufaktur vor den Augen der Besucher produzieren, gehören unter anderen eine Goldschmiedemeisterin, eine Schäfereigenossenschaft, eine Webstube und eine Schnupftabakmanufaktur.
Während der Zugang zum Dorfmarkt, zum Café und zum Bäcker im Erdgeschoss kostenfrei ist, kostet der Besuch der anderen Bereiche drei Euro Eintritt. Nur so sei es möglich gewesen, die Mieten für die Kunsthandwerker niedrig zu halten, erklärt Genossenschaftsvo rstand Pflug.
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