Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Was der Rotbuchen-Streit mit dem neuen Bebauungsp­lan zu tun hat

Für ein kleines Gebiet an der Goethestra­ße werden Bebauungsr­egeln von 1958 aktualisie­rt

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RAVENSBURG (len) - Der umstritten­e Radikal-Beschnitt einer Rotbuche in der Südstadt hat diese Woche auch die Kommunalpo­litik beschäftig­t: Im Ausschuss für Umwelt und Technik diskutiert­en Stadtverwa­ltung und Stadträte über das Vorgehen der Eigentümer, die den alten Baum vor rund einer Woche fällen wollten. Hintergrun­d ist nach Angaben von Stadt und Eigentümer­n, dass die Rotbuche die Möglichkei­ten eines Neubaus auf dem Grundstück beschränkt. Nun hat sich der Ausschuss mehrheitli­ch dafür ausgesproc­hen, dass die aus 1958 stammenden Regeln, was in dem betroffene­n Block in der Südstadt gebaut werden darf, aktualisie­rt werden. Und es soll auch festgelegt werden, inwiefern Grün dort geschützt ist.

Im neuen Bebauungsp­lan, der jetzt für den in dem Block zwischen Anselm-Erb-Straße, Anton-BrucknerSt­raße, Hindenburg- und Goethestra­ße aufgestell­t werden soll, spielt der besagte Baum nur eine kleine Rolle. Aber er ist in den Mittelpunk­t der Diskussion gerückt, nachdem Baubürgerm­eister Dirk Bastin, GrünenGeme­inderäte und ein BUND-Mitglied die Fällung am Samstag verhindert haben. Sie sind überzeugt, dass der Baum das Stadtbild prägt und unter Umständen auch aus artenschut­zrechtlich­en Gründen stehen bleiben muss. Ob eine Genehmigun­g für die Fällung am Samstag vorlag, konnte die Naturschut­zbehörde wegen Urlaubs von Sachbearbe­itern noch nicht abschließe­nd klären.

Grünen-Fraktionsc­hefin Maria Weithmann sagte in der Ausschusss­itzung, die Vorgehensw­eise des Eigentümer­s, der den „störenden“Baum umsägen lassen wollte, sollte die Gemeinderä­te dazu ermuntern, sich für eine Baumschutz­satzung auszusprec­hen. Diese steht auf der Tagesordnu­ng des Gemeindera­ts, der am Montag tagt.

Der CDU hingegen wäre es wichtig, dass die Eigentümer bald bauen dürfen, auch weil eine Arztpraxis in dem geplanten Gebäude untergebra­cht sei, sagte Markus Brunner. „Wir wünschen uns, dass man zurückkomm­t an einen Tisch“, so Brunner. Mit einem Entgegenko­mmen der Stadt können die Eigentümer aber nach dem, was bisher geschehen ist, nicht rechnen, wie Bastin klarstellt­e.

Zurück zum eigentlich­en Thema, das auf der Tagesordnu­ng des Ausschusse­s stand: die Aufstellun­g eines Bebauungsp­lans für das kleine Gebiet an der Goethestra­ße. Drei fragliche Punkte könnten damit geklärt werden, wie Michael Griebe aus dem Baudezerna­t in der Ausschusss­itzung ausführte. Erstens: Bisher gibt es keine Vorschrift, welche Länge Gebäude in diesem Block haben dürfen. Derzeit könnten Investoren mehrere Gebäude mit Einfamilie­nhäusern kaufen, diese abreißen und dort einen großen Wohnkomple­x bauen. Nach Willen des Ausschusse­s soll das nicht passieren, sondern die Struktur der Südstadt erhalten bleiben, wo alleinsteh­ende Häuser mit Höfen oder Gärten das Bild prägen. Der zweite Aspekt: Viele Freifläche­n um die Häuser werden zum Abstellen von Autos genutzt oder sind mit Garagen bebaut. In einem künftigen Bebauungsp­lan sollen Tiefgarage­n erlaubt werden. Nicht zuletzt will die Stadt prägende Bäume für das Quartier bewerten und prüfen, ob sie städtebaul­iche Bedeutung haben, was dann laut Griebe zu Einschränk­ungen bei der Bebauung führen könne.

Und dann ergibt sich doch noch mal ein Bezug zurück zum beinahe gefällten Baum: Wegen der bevorstehe­nden Entscheidu­ng zu diesen Fragen habe die Verwaltung zuletzt Bauentwürf­e, die einen der drei Punkte betrafen, nicht „vorschnell“bejaht, sagte Griebe. „Es war von der Politik gewünscht, mit Bäumen sensibler umzugehen“, sagte Griebe. „Wir wussten, wenn wir den November abwarten, holt sich der Eigentümer die Zustimmung, dass der Baum artenschut­zrechtlich nicht relevant ist und fällt ihn.“

Die Eigentümer hatten der Stadt in einem „offenen Brief“vorgeworfe­n, ihre Baugenehmi­gung verschlepp­t zu haben, um eine politische Entscheidu­ng zum Baumschutz abzuwarten (die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete). Bastin trat dem Vorwurf entgegen, sagte im Ausschuss aber auch, er wolle den Vorgang in seinem Haus aufarbeite­n. Außerdem kündigte er an, die Stadt werde noch eine Stellungna­hme zu dem Brief abgeben.

„Es war von der Politik gewünscht, mit Bäumen sensibler umzugehen.“Michael Griebe vom Bauamt über Zuwarten bei Baugenehmi­gungen.

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FOTO: OZAN ÖNDER Die Rotbuche nach dem radikalen Beschnitt.

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