Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Als Papier für Harry Potter aus Mochenwang­en kam

Robert Cerovsek erinnert sich an seine „schönsten Zeiten“in der Papierfabr­ik

- Von Katrin Neef

WOLPERTSWE­NDE - Die Papierfabr­ik Mochenwang­en spielt im Leben von Robert Cerovsek eine große Rolle: Vier Generation­en aus seiner Familie haben dort gearbeitet, er selbst war 28 Jahre in der Fabrik tätig. Die schönsten Jahre, die er dort erlebt hat, fallen in die Harry-Potter-Zeit: Monatelang wurde in Mochenwang­en ausschließ­lich Papier für die weltbekann­ten Fantasy-Bücher produziert.

„Die Autorin war so überzeugt von der Qualität, dass sie nur unser Papier für ihre Bücher haben wollte“, erinnert sich Robert Cerovsek. Für den Band „Harry Potter und der Orden des Phönix“sei das Papier ausschließ­lich aus Mochenwang­en gekommen. Doch warum war das Mochenwang­ener Papier so besonders gut? „Weil wir immer gut zusammenge­schafft haben“, sagt Robert Cerovsek. „Wenn es an einer Maschine Probleme gab, sind immer Kollegen gekommen, um zu helfen.“Und das in Zeiten, in denen die Papierfabr­ik mehrmals verkauft wurde.

Dieser „Geist“sei maßgeblich vom damaligen Werksleite­r Helbig geprägt gewesen. „Der hat alle persönlich mit Namen gekannt und ist jeden Morgen durch die Fabrik gegangen, um mit den Leuten zu reden. Er holte sich seine Informatio­nen direkt bei den Mitarbeite­rn“, erinnert sich Robert Cerovsek. „Herr Helbig hat gute Stimmung in die Fabrik gebracht.“

Die Arbeit an den großen Maschinen habe Konzentrat­ion gefordert: Man musste die Produktion ständig im Auge behalten.“Das Papier für die Harry-Potter-Bücher sei monatelang

auf allen drei Maschinen hergestell­t worden, auf großen, knapp drei Meter breiten Rollen, die dann noch in Mochenwang­en zu kleineren Rollen zerschnitt­en wurden.

In vielen Familien in Mochenwang­en haben mehrere Generation­en in der Papierfabr­ik gearbeitet. So auch bei Robert Cerovsek: Sein Urgroßvate­r war der Erste. „Er ist damals aus dem Augsburger Raum nach Mochenwang­en gekommen und hat hier geheiratet“, erzählt Robert Cerovsek. Sein Opa war dann Pförtner in der Fabrik, seine Oma sortierte Papier. Auch seine Mutter folgte dieser Tradition und war zunächst beim Papiersort­ieren und später dann im Büro tätig. „Viele Paare haben sich in der Papierfabr­ik kennengele­rnt“, sagt Robert Cerovsek, so auch seine Eltern.

Er selbst war 28 Jahre dort. Ab 1988 als Lehrling und später dann als

Papiermach­er, bis ins Jahr 2015, als die Fabrik zumachte. Die Schließung habe ihn und seine Kollegen wütend gemacht, erinnert er sich, „aus unserer Sicht hätte man das schon weiterführ­en können“. Inzwischen hat Robert Cerovsek umgeschult und ist jetzt als Elektriker tätig. Zu einigen Kollegen von früher hat er immer noch Kontakt: Sie treffen sich regelmäßig zum Fischen am Kanal hinter der Papierfabr­ik.

 ?? FOTO: CEROVSEK ?? Das Foto vom August 2005 ist damals in der englischen Presse erschienen. Das Papier für „Harry Potter und der Orden des Phönix“wurde in Mochenwang­en gedruckt. Von links: Eigentümer Stephan Schröter, Robert Cerovsek, Gerhard Stamm und der Werksleite­r Jürgen Helbig mit Exemplaren der Bücher, die zu Bestseller­n wurden.
FOTO: CEROVSEK Das Foto vom August 2005 ist damals in der englischen Presse erschienen. Das Papier für „Harry Potter und der Orden des Phönix“wurde in Mochenwang­en gedruckt. Von links: Eigentümer Stephan Schröter, Robert Cerovsek, Gerhard Stamm und der Werksleite­r Jürgen Helbig mit Exemplaren der Bücher, die zu Bestseller­n wurden.
 ?? FOTO: KNF ?? Robert Cerovsek blättert in alten Hauszeitsc­hriften der Papierfabr­ik und entdeckt eine Chronik zum 125-Jahr-Jubiläum.
FOTO: KNF Robert Cerovsek blättert in alten Hauszeitsc­hriften der Papierfabr­ik und entdeckt eine Chronik zum 125-Jahr-Jubiläum.
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FOTO: CEROVSEK Diese Aufnahme stammt aus dem Jahr 1964 oder 1965 und zeigt (von links) Maschinenf­ührer Alfons Würstle mit den Gehilfen Hans Hermanutz und Helmut Hermanutz.

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