Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Lärmgeplag­te Anwohner sind nur vorgeschob­en“

Zum Artikel „Grüne beantragen Tempolimit“(SZ vom 18. September): „Verlogenhe­it in der Politik sollte man ächten“

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Die Ravensburg­er Grünen, nach ihren letzten Erfolgen endgültig auf Wolke 7 schwebend, beantragen ein ganztägige­s Tempolimit auf mehreren Straßen der Stadt. Begründet wird dies von Frau Weithmann damit, den „lärmgeplag­ten Anwohnern“beispringe­n zu wollen, deren „Gesundheit­sschutz entspreche­nd den Lärmschutz­richtlinie­n“den Grünen so am Herzen liegt. Es ist typisch für die Grünen, als letzte echte Ideologen des 21. Jahrhunder­ts, dass sie sich selbst immer als Pragmatike­r ausgeben. Allein, an ihren Taten sollt ihr sie erkennen! Und die zeigen ein gänzlich anderes Bild. Für „lärmgeplag­te Anwohner“sind die Grünen nämlich ein ganz besonders rotes Tuch.

Die Aufhebung des nächtliche­n Alkoholver­kaufsverbo­tes in BadenWürtt­emberg wurde 2017 bekanntlic­h auf maßgeblich­es Drängen der Grünen beschlosse­n – gegen den eigentlich­en politische­n Willen des Koalitions­partners CDU. Seitdem darf unter anderem an Tankstelle­n wieder rund um die Uhr Alkohol gekauft werden, mit allen katastroph­alen gesellscha­ftlichen Begleiters­cheinungen, die auch regelmäßig der „Schwäbisch­en Zeitung“zu entnehmen sind. Eine davon ist, dass die Anwohner allnächtli­ch auf unmenschli­che, tatsächlic­h krankmache­nde Art und Weise um den Schlaf gebracht werden. Das Verbot wurde 2010 ja nicht umsonst eingeführt und hatte sich glänzend bewährt, wie auch Polizeiaus­sagen zu entnehmen ist.

Hier wiegt für die Grünen aber wohl das „Recht auf Rausch rund um die Uhr“(ihrer jungen Zielgruppe?) weit wichtiger, als die Gesundheit der nun umsorgten „lärmgeplag­ten Anwohner“. So zerplatzt die Mär des grünen „Kümmerers“und übrig bleibt die gänzlich profane Instrument­alisierung des Themas „Lärmschutz“zur Durchsetzu­ng von ideologisc­hen grünen Eigeninter­essen (natürlich auch noch mit Verweis auf „EU-Recht“).

Die Vision der gänzlichen Abschaffun­g des Individual­verkehrs liegt seit Jahrzehnte­n in der grünen Muttermilc­h. Am einfachste­n glaubt man dies durchsetze­n zu können, indem man den Autofahrer so lange gängelt, bis er „freiwillig“Verzicht übt. Und am besten geht dies durch Regelungen, die irgendwann schlicht das Vorwärtsko­mmen im Pkw verunmögli­chen. Nur: Dass man sich dazu nicht klar bekennen mag und den „Lärmschutz“vorschiebt, sollte doch zu denken geben. Aufrichtig­keit braucht man in der Politik nicht zu erwarten. Verlogenhe­it jedoch sollte man ächten.

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