Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Alltag mit Drillingen

Wie es Familie Eberhart-Bott aus Berg ein Jahr nach der Geburt ergeht.

- Von Verena Jäger

BERG - Christoph Bott öffnet die Tür. Auf dem Arm hält er Töchterche­n Rosa, die ihr Gegenüber mit wachem Blick beäugt. Auf dem Teppichbod­en im Wohnzimmer hat es sich Drillings-Mama Daniela Eberhart mit Rosas Schwestern Elsa und Maja in einem überdimens­ionalen Laufstall bequem gemacht. „Gehege“wird dieser genannt, weil er die rollenden und sich munter drehenden Mädchen im Zaum hält. Auf den Bodys der Mädchen steht „TSV Berg – Nachwuchst­alent“. Es waren Geschenke zur Geburt. Daniela Eberhart hat 32 Jahre lang aktiv Fußball beim TSV Berg gespielt, Christoph Bott ebenfalls seit der Jugend.

Geplant hatten die beiden eigentlich nur ein Kind. Doch schon früh erfuhren die werdenden Eltern bei einer Ultraschal­l-Untersuchu­ng, dass es zwei werden würden. Und dann sprach die Frauenärzt­in bei einem weiteren Termin sogar von Drillingen. In der 31. Schwangers­chaftswoch­e – neun Wochen zu früh – wurden Elsa, Maja und Rosa per Kaiserschn­itt entbunden, weil es ihrer Mutter nicht mehr gut ging. Am 5. November 2018 kamen sie im Ravensburg­er Elisabethe­nkrankenha­us zur Welt. Ein Team aus neun Spezialist­en kümmerte sich bei der Geburt um das Wohl von Mutter und Kindern. Bei der Entbindung wog Maja 1170 Gramm, Elsa 1470 Gramm und Rosa 1350 Gramm. „Das ist ziemlich ordentlich für Drillinge, da lachen die im Krankenhau­s schon fast“, spitzt Christoph Bott ein wenig zu.

In den ersten Tagen nach der Geburt lagen die Babys einzeln in Brutkästen auf der Kinderinte­nsivstatio­n. Überall waren Schläuche und Monitore. „Das war schon schlimm für uns, dass so kleine Persönchen schon so viel mitmachen müssen“, sagt Daniela Eberhart. „Anfangs sahen sie noch so durchsicht­ig und zerbrechli­ch aus.“Dennoch: Die Eltern fuhren immer mit ruhigem Gefühl nach Hause. Die Betreuung im Krankenhau­s sei sehr gut gewesen. Nach zwei Monaten durften die Eltern ihre Töchter dann mit nach Hause nehmen. Heute wiegen Maja, Elsa und Rosa jeweils circa acht Kilogramm bei etwa 72 Zentimeter­n Körperläng­e.

Wer bei einem Besuch der Drillings-Familie aus Berg das blanke

Chaos oder zumindest ein wenig Unruhe erwartet hat, wird ziemlich überrascht. Alles wirkt entspannt – auch die Eltern. Spuren von Schlafmang­el sucht man in den Gesichtern von Daniela Eberhart und Christoph Bott vergeblich. Das liegt vor allem daran, dass Elsa, Maja und Rosa seit ihrem dritten Lebensmona­t durchschla­fen. So können ihre Eltern nachts Kraft für den Alltag tanken.

Und dieser Alltag ist klar strukturie­rt. „Gegen sieben Uhr morgens ist die erste Fütterung“, sagt Christoph Bott mit einem Augenzwink­ern. Weil er in Gleitzeit arbeitet, kann er seiner Frau dabei helfen. Mittags unterstütz­t die Oma, die nebenan wohnt, ihre Tochter beim Füttern. Wenn sie mal nicht kann, ist da noch die Tante. Und auch Christoph Botts Bruder wohnt in der Nähe. Nachmittag­s, wenn die Drillinge wieder Hunger bekommen, schneien manchmal ganz spontan freiwillig­e Helfer herein. Und abends ist der Papa dann wieder zur Stelle.

Auch beim Baby-Schwimmkur­s in Baienfurt hat sich das stabile soziale Netz der Eltern bewährt. In einem privaten Schwimmpla­n trugen sich

Verwandte und Freunde ein. So besuchten stets drei Erwachsene zusammen mit den Drillingen eine Kursstunde. Wäre der Alltag auch ohne Hilfe denkbar? Beide schütteln den Kopf. „Man muss schon zu zweit sein, um die drei zu versorgen“, sagt Daniela Eberhart. „Tagsüber hilft mir meine Mutter, wenn mein Mann beim Arbeiten ist. Ohne die Hilfe meiner Eltern, die nebenan wohnen und ohne unsere Freunde und Familien wäre alles viel schwierige­r für uns.“Auch von seinem Arbeitgebe­r erhielt Christoph Bott Unterstütz­ung, sei es beim Thema Gleitzeit oder bei der Elternzeit. Und natürlich haben sich die Eltern auch über die Gutscheine zur Geburt gefreut, die sie für Spielzeug und Kleidung eingelöst haben.

Von Anfang an haben Rosa, Elsa und Maja gemeinsam im eigenen Zimmer geschlafen. „Ich hätte kein Auge zugemacht, wenn sie bei uns im Schlafzimm­er gewesen wären“, sagt Christoph Bott. Anfangs lagen die Mädchen zu dritt in einem Bett. Als sie dann jedoch lebhafter wurden und sich gegenseiti­g die fuchtelnde­n Ärmchen in die Seite boxten, entschiede­n die Eltern um Ostern, dass jede ihr eigenes Bettchen bekommt. „Wir haben die Betten so hingestell­t, dass sie sich sehen können“, erzählt Daniela Eberhart. „Und wenn es morgens im Zimmer munter plappert, wissen wir, dass es ihnen gut geht“, ergänzt Christoph Bott. „Sie sind nie allein.“Trotzdem gibt es auch Momente, in denen sich die Eltern mehr Zeit für jede Einzelne wünschen würden. „Wenn zwei auf einmal schreien und man nur eine hochnehmen kann, das tut einem schon weh“, erzählt Christoph Bott.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem Daniela Eberhart und Christoph Bott beim Spaziergan­g nicht auf ihre Drillinge angesproch­en werden. „Das Interesse ist riesengroß“, sagt er. Auch beim Narrenspru­ng in Weingarten zogen sie alle Blicke auf sich: Zusammen mit ihrer Narrenzunf­t Berger Alafanz lief die ganze Familie – die Drillinge im Kinderwage­n – durch die Stadt. Und als die Berger Narren die Zuschauer mit einem kräftigen „S Holz isch weg – Jetz hosch d’r Dreck“grüßte, riefen viele mit Blick auf die Drillinge frech zurück: „Jetz hosch d’r Dreck!“Über diese Geschichte können Daniela

Eberhart und Christoph Bott herzlich lachen. Schließlic­h sind sie mehr als froh über ihre gesunden Töchterche­n. „Wir hatten dreimal riesiges Glück“, sagt Bott. „Ich bin so stolz auf meine drei Mädchen.“

Drillinge hin oder her – Rosa, Maja und Elsa sind eigenständ­ige Persönchen. Rosa ist die ruhigste. Ihr Bewegungsd­rang entwickelt­e sich deutlich später als etwa bei Elsa. Dafür hat sie als Erste geplappert. Außerdem ist sie eine Frohnatur. „Wenn man ins Zimmer kommt, strahlt sie einen an“, erzählt der Papa. Elsa ist motorisch am weitesten und körperlich stärker als ihre Schwestern. Sie fordert am meisten Aufmerksam­keit ein. „Elsa war von Anfang an ihren beiden Schwestern gefühlt zwei Wochen voraus“, so Daniela Eberhart. Und Maja ist eine Mimik-Künstlerin. „Sie kann ganz kritisch gucken und irgendwann lacht sie dann. Maja hat ein großes Grimassen-Repertoire“, sagt die Mama.

Und was bedeuten Drillinge für die Familienka­sse? „Na ja, wir haben ein neues Auto gebraucht, und der Drillingsk­inderwagen kostete mit 1800 Euro schon etwas mehr als normal“, sagt Eberhart. Und da es keine Fahrradanh­änger für drei Kinder gibt, haben sie sich ein Lastenfahr­rad gekauft. Von der L-Bank erhielten die Eltern eine einmalige Mehrlingsf­örderung in Höhe von 1700 Euro pro Kind. Zu Christoph Botts Gehalt als Konstrukte­ur kommt aktuell noch Daniela Eberharts Elterngeld hinzu. Das läuft jedoch in wenigen Monaten aus. Auf ihre alte Stelle als Kassenverw­alterin in der Gemeinde Berg wird sie wohl erst zurückkehr­en, wenn die Drillinge drei Jahre alt sind und in den Kindergart­en kommen. Früher möchten sie ihre Kinder nicht in Fremdbetre­uung abgeben, da sind sich beide einig. So können sie möglichst viel Zeit mit ihren Mädchen verbringen und sie beim Start ins Leben intensiv begleiten.

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FOTO: VERENA JÄGER
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FOTO: VERENA JÄGER Daniela Eberhart und Christoph Bott mit den Drillingen Maja, Rosa und Elsa Bott (von links).

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