Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schnee von gestern für den Winter von morgen
Der Begriff des Klimaleugners ist im Zuge des Klimawandels, den der Klimaleugner naturgemäß leugnet, immer populärer geworden. Wenn wieder mal ein kleines Inselchen in der Karibik vom Tsunami weggeschwemmt wird, ein Stückchen Eis in der Größe eines durchschnittlichen deutschen Bundeslandes vom Nordpol wegbricht, sagt der Klimaleugner: „Das ist eigentlich nur ein bisschen schlechtes Wetter.“Damit ist für ihn der Fall erledigt – und er packt reinen Gewissens die Skier aufs Dach seines Schrebergärtner-Geländewagens und macht sich auf den Weg in Richtung Kitzbühel.
Daselbst findet derzeit so eine Art Steigerung der Klimaleugnung statt. Denn Kitzbühel erkennt die meteorologischen Tatsachen nicht an – und eröffnet bei altweibersommerlichen 20 Grad die Skisaison auf einer komplett aus Schnee von gestern präparierten Piste. Das hat weniger mit Klimaleugnen als mit Temperaturleugnen zu tun. Denn – das lernen schon die ABC-Schützen im Flachland – Schnee hat die unangenehme Eigenschaft, bei Plusgraden sprichwörtlich dahinzuschmelzen. Was die
Bergbahnen Kitzbühel aber selbst bei 20 Grad völlig kalt lässt.
Mit dem standhaften Ignorieren von Fakten sind die Kitzbühler Liftbetriebsveranstalter aber inzwischen in guter Gesellschaft. Denn die Tiroler sagen sich nicht ganz zu Unrecht: Wenn man im Wüstenstaat Katar eine Leichtathletik-WM absolvieren kann und 2022 sogar eine Fußball-WM, dann kann man in Kitzbühel natürlich auch ganzjährig Ski fahren! Da ist Leugnen zwecklos. (nyf)