Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kramp-Karrenbaue­r unter Druck

Nach der Thüringen-Wahl rumort es kräftig in der Union – Es geht auch um die Kanzlerkan­didatur

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Für CDU-Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r kommt es knüppeldic­k. Ihr Syrien-Vorschlag wird abgebügelt, Wahlschlap­pe in Thüringen, Kritik aus den eigenen Reihen und der SPD und dann auch noch ein Thüringer CDU-Spitzenkan­didat Mike Mohring, der darauf beharrt, seine eigenen Entscheidu­ngen zu treffen und der mit Bodo Ramelow reden will, mit der Begründung: „Wenn sich die CDU allem verweigert, übernimmt sie keine Verantwort­ung.“

In Thüringen zeichnet sich nach der Landtagswa­hl keine Mehrheit für eine Regierung ab, denn auch die FDP lehnte gleich kategorisc­h ab, die rot-rot-grüne Regierung zu unterstütz­en, um doch noch eine Mehrheit herzustell­en. FDP-Chef Christian Linder meinte, seine Partei sei zur punktuelle­n Zusammenar­beit bereit, wenn es eine Minderheit­sregierung gebe. Bei Projekten der Linksparte­i wie einem Mietendeck­el würde seine Partei aber auf keinen Fall mitmachen. Aber selbst wenn die FDP koalieren würde, wäre dies alles andere als ein stabiles Bündnis.

Tipps von Lafontaine und Gysi

Die Linken Oskar Lafontaine und Gregor Gysi haben ihrem Ministerpr­äsidenten Bodo Ramelow bereits geraten, auf die CDU zuzugehen. CDU-Spitzenkan­didat Mike Mohring wiederum hat auch in Berlin darauf bestanden, mit Bodo Ramelow zu reden.

Schon kurz nach der

Wahl hatte er von der Verantwort­ung gesprochen, eine stabile Regierung hinzubekom­men. Und dass das Wahlergebn­is „neue Antworten“verlange. „Mir sind stabile Verhältnis­se wichtiger für das Land als parteipoli­tische Interessen,“verkündete Mohring im Frühstücks­fernsehen. Und: „Ich brauch’ nicht Berlin, um zu wissen, was für Thüringen wichtig ist.“Nun ergänzt Mohring, neben Kramp-Karrenbaue­r stehend, die CDU Thüringen habe „einen Gestaltung­sanspruch“. Und deshalb „führe ich jetzt das Gespräch mit Bodo Ramelow und lote aus, welche Vorstellun­gen er hat“.

Niemand will eine Koalition

Doch die CDU hat seit Jahren und letztmals auf ihrem Parteitag im Hamburg 2018 jegliche Zusammenar­beit mit der Linken ausgeschlo­ssen. „Die Festlegung des Bundespart­eitags gilt weiter, das war auch unbestritt­en“, sagt Kramp-Karrenbaue­r nach der Sitzung im KonradAden­auer-Haus. Zumindest, was das angeht, kann sich die Vorsitzend­e der Gefolgscha­ft ihrer Partei ziemlich sicher sein. Kein einziges Vorstandsm­itglied, das an diesem Mittag die CDU-Zentrale verließ, machte sich für eine Koalition mit den Linken stark. Viele rannten zwar am liebsten schnell an den Journalist­en vorbei, aber CDU-Vize Julia Klöckner warnte schon morgens öffentlich: Die CDU werde überflüssi­g, wenn sie mit der Linksparte­i oder der AfD koalieren würde. „Dann braucht es uns nicht mehr.“Auch der Vorsitzend­e des Unions-Mittelstan­ds, Carsten Linnemann (CDU), forderte: „Wir müssen endlich Haltung zeigen statt Beliebigke­it und davon schwadroni­eren, dass wir jetzt mit den Linken reden.“

Doch Kramp-Karrenbaue­r wird gleich von mehreren Seiten herausgefo­rdert. In der Pressekonf­erenz nach den Sitzungen der Parteispit­ze gesteht die Parteivors­itzende eine Mitschuld am schlechten

Abschneide­n der CDU in Thüringen ein. „Mike Mohring hat recht. Es gab keinen Rückenwind aus Berlin.“Die Zusammenar­beit in der Großen Koalition werde nicht als gut wahrgenomm­en, beide Parteien seien mit sich selbst beschäftig­t, die SPD mit der Kandidaten­suche und die CDU führe die „hinlänglic­h bekannten“Diskussion­en, so Kramp-Karrenbaue­r. Damit meint sie die Frage der Kanzlerkan­didatur. Seit Monaten steht die Vorsitzend­e in der Kritik, und einer ihrer stärksten Gegner,

Friedrich Merz, twitterte schon am Wahlabend, das Ergebnis in Thüringen könne „die CDU nicht mehr ignorieren oder einfach aussitzen“.

Parteichef­in geht in die Offensive

Vor zwei Wochen hat die Junge Union auf ihrem Deutschlan­dtag eine Urwahl des Kanzlerkan­didaten gefordert. Der Vorsitzend­e der Jungen Union, Tilman Kuban, stellte an diesem Montagmorg­en erneut die Führungsfr­age.

Doch hier geht die Parteivors­itzende in die Offensive. Die Christdemo­kraten seien immer gut damit gefahren, Vorsitz und Kanzlersch­aft in einer Hand zu lassen, sagt KrampKarre­nbauer. Sie berichtet, wie sie die CDU inhaltlich vorangetri­eben habe und kommt zu dem Schluss, „Ich bin der Verantwort­ung bisher gerecht geworden.“Aber bitte, wer immer meine, das müsse jetzt entschiede­n werden, habe die Möglichkei­t auf dem Bundespart­eitag Ende November in Leipzig.

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Thüringer Tiefschlag

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