Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

AfD-Chef verortet Höcke in der Mitte der Partei

Alexander Gauland verteidigt den „Flügel“-Wortführer gegen Vorwürfe – Laut Verfassung­sschutz wird die Strömung extremisti­scher

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BERLIN (AFP) - Mit einem Satz hat der AfD-Bundesvors­itzende Alexander Gauland die Partei neu geordnet: Der Rechtsauße­n-Flügel mit seinem Wortführer Björn Höcke ist künftig als Stimme der gesamten AfD zu sehen. „Herr Höcke rückt die Partei nicht nach rechts, Herr Höcke ist die Mitte der Partei“, sagte Gauland nach der Thüringen-Wahl. Die drei Landtagswa­hlen im Osten, bei denen „Flügel“-Kandidaten kräftig punkten konnten, verändern das Bild der Gesamtpart­ei.

Höcke gilt seit Langem als Galionsfig­ur der äußersten Rechten in der AfD. Er zählte zu den Initiatore­n der „Erfurter Resolution“vom März 2015, die als Gründungsu­rkunde des „Flügels“gilt. Die Resolution wendet sich gegen eine Anpassung der AfD an den „etablierte­n Politikbet­rieb“, die Partei müsse stattdesse­n Widerstand­sbewegung bleiben.

So setzte sich der Flügel von Anfang an – entgegen der Linie der Parteiführ­ung

– für eine Zusammenar­beit mit der fremdenfei­ndlichen Pegida-Bewegung ein. Vertreter der Parteiströ­mung fielen in der Vergangenh­eit

immer wieder durch NSRhetorik auf. Höckes wichtigste­r Mitstreite­r, der brandenbur­gische AfD-Chef Andreas Kalbitz, pflegte lange enge Kontakte ins rechtsextr­eme Lager.

Urteil schreckt Wähler nicht ab

Doch die Einstufung des Flügels als Verdachtsf­all durch den Verfassung­sschutz Anfang des Jahres schreckte die Wähler nicht ab – ebenso wenig wie ein Gerichtsbe­schluss von Ende September, wonach Höcke als „Faschist“bezeichnet werden darf. Im Gegenteil: 27,5 Prozent in Sachsen, 23,5 Prozent in Brandenbur­g und nun 23,4 Prozent für Höcke in Thüringen verbuchte die AfD im Wahljahr 2019.

Erst kürzlich sagte Verfassung­sschutzche­f Thomas Haldenwang, der Flügel werde immer extremisti­scher. So sei bei Kalbitz „nicht erkennbar, dass er sich von seiner Vergangenh­eit distanzier­t hat“. Gauland wies am Wahlabend auch das zurück. Der Verfassung­sschutz sei für ihn überhaupt kein Maßstab, sagte der AfD-Vorsitzend­e dem Sender Phoenix. Vorwürfe, Höcke sei rechtsradi­kal, seien völliger Unsinn.

Wie die Gemäßigter­en in der Partei mit der Aufwertung Höckes und dem Machtzuwac­hs des Flügels umgehen, dürfte sich in knapp fünf Wochen auf dem AfD-Bundespart­eitag in Braunschwe­ig zeigen, wo die Spitze neu gewählt wird. Bereits Anfang des Jahres hatte Gauland gesagt, der Flügel könne auf Parteitage­n bis zu 40 Prozent der Delegierte­n hinter sich bringen. Das war noch vor den Wahlerfolg­en im Osten.

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FOTO: DPA Alexander Gauland, Björn Höcke und Jörg Meuthen (von links, alle AfD) bei einer Pressekonf­erenz nach der Landtagswa­hl in Thüringen.

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