Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rob Cross möchte als Europameister nachlegen
Nach Darts-Triumph in Göttingen gilt der Blick des Briten der WM: „Will die Nummer 1 der Welt werden“
GÖTTINGEN (dpa) - Die Bilder vom Auftakt der Darts-EM in Göttingen erinnerten ein wenig an die Geburtsstunde des Turniers vor elf Jahren in Frankfurt: Leere Bierbänke und Tische, ein paar vereinzelte laute Rufe – und nicht gerade die Stimmung, die die Profis um Weltmeister Michael van Gerwen in den vergangenen Jahren in Deutschland gewohnt waren. Er sei „ein wenig enttäuscht“gewesen von der Kulisse, betonte der Waliser Gerwyn Price nach seinem Auftaktsieg. „Normalerweise ist es immer sehr voll in den deutschen Hallen. Heute waren es 200 bis 300 Fans, das war schon wenig.“
Rund 300 Fans am Donnerstagabend, rund 300 Fans am Freitagnachmittag: Obwohl sich Zuschauerzahlen und Stimmung Richtung Wochenende deutlich nach oben steigerten (der Samstagabend war ausverkauft, das Finale am Sonntag sahen 3000 Besucher), muteten die ersten beiden Sessions recht trostlos an. „Es war ein bisschen enttäuschend“, sagte auch der Niederländer Jeffrey de Zwaan, dessen überraschender Sieg über den schottischen Weltklassespieler Peter Wright so relativ unbemerkt blieb. Am Sonntagabend wurde es doch noch einmal stimmungsvoll: Erstmals zum Europameister kürte sich der englische Ex-Weltmeister Rob Cross, der im Finale Price mit 11:6 bezwang.
Den Fans fehlt der Lokalheld
Das mit einer halben Million Pfund dotierte Turnier in Göttingen stellt eigentlich das schillernde Finale der European Tour dar, bei der von März an die ganze Saison in Deutschland gespielt wird. Doch im Vergleich zur EM in Dortmund 2018 hatten die Veranstalter diesmal massive Probleme, die Halle für alle Sessions einigermaßen zu füllen. Schon bei der Premier League Darts in Berlin sowie dem German Darts Masters, das vergangenes Jahr im Fußballstadion auf Schalke und dieses Jahr in der Lanxess Arena in Köln ausgetragen wurde, waren in Ansätzen ähnliche Trends zu erkennen. In Göttingen lagen die Gründe auf der Hand: Die deutschen Profis um Vorjahreshalbfinalist Max Hopp verpassten geschlossen die Qualifikation, es fehlten also von vorneherein komplett die Lokalhelden, mit denen die Zuschauer mitfiebern könnten.
Weltklassemann Price, der das Spiel mit Buh-Rufen auf der großen Bühne liebt, sagte schnippisch: „Mich interessiert es nicht, ob 5000 Menschen hier sind oder nur einer – solange ich gewinne.“Im Finale musste er sich dann allerdings Cross geschlagen geben. Der EM-Titel war nach dem bedeutenden World Matchplay schon dessen zweiter großer Triumph in wenigen Monaten, Cross verband ihn – gut sechs Wochen vor der WM in London – mit einer Kampfansage an Titelverteidiger van Gerwen: „Ich will die Nummer 1 der Welt werden!“