Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Medizinisc­he Versorgung gewährleis­tet

14 Nothelfer: Ravensburg­s Landrat Harald Sievers äußert sich erstmals zur medizinisc­hen Versorgung im Kreis

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Landrat Sievers äußert sich erstmals zum Aus des Krankenhau­s 14 Nothelfer.

RAVENSBURG/WEINGARTEN - Ravensburg­s Landrat Harald Sievers sorgt sich nach dem Aus für das Weingarten­er Krankenhau­s 14 Nothelfer nicht um die medizinisc­he Versorgung in seinem Landkreis. Nachdem sich Sievers vor zwei Wochen noch nicht zu dem Thema äußern wollte, hat er sich nun zu einem Interview bereit erklärt und SZ-Redakteur Oliver Linsenmaie­r einige Fragen schriftlic­h beantworte­t. Dabei erklärt er, warum er sich so lange öffentlich zurückgeha­lten hat, wie er ein Wahlkampfv­ersprechen von 2015 interpreti­ert und warum er verstehen kann, dass viel Emotionali­tät mit dem Thema einhergeht. Die Fragen nach der Höhe der Investitio­nskosten am Ravensburg­er Elisabethe­nkrankenha­us (EK) und ob es nicht einfacher wäre, dass der Kreis das 14 Nothelfer vom MCB kauft und dort eine Art Filiale des EK aufmacht, beantworte­te der Landrat nicht.

Wie bewerten Sie die Entscheidu­ng des Medizin Campus Bodensee (MCB), die Akutversor­gung am Krankenhau­s 14 Nothelfer in Weingarten zu schließen?

Sie sprechen zu Recht von einer Entscheidu­ng des MCB. Der MCB hat allein entschiede­n, dass er die Versorgung­slandschaf­t im Sozialraum Ravensburg/Weingarten verändern wird. Ich denke im Moment vor allem an die Beschäftig­en des Krankenhau­ses in Weingarten. Von denen sind viele ja auch Mitbürgeri­nnen und Mitbürger in unserem Landkreis, die jetzt in einer nicht einfachen Situation sind.

Was bedeutet das für die medizinisc­he Versorgung im Landkreis?

Unsere Oberschwab­enklinik muss sich darauf einstellen, mehr Patienten zu versorgen. Darauf bereiten wir uns vor.

Kann das EK, besonders mit Blick auf die Notaufnahm­e und die Geburtshil­fe, überhaupt alles auffangen?

Für die Versorgung zusätzlich­er Patienten steht unser gesamter OSKVerbund mit dem Elisabethe­n-Klinikum im Schussenta­l, dem Westallgäu-Klinikum in Wangen und dem Krankenhau­s Bad Waldsee zur Verfügung. Wo an diesen drei Akutstando­rten wie viele zusätzlich­e Patienten ankommen werden, kann im Moment noch niemand genau sagen. Infrastruk­turell, also von den Räumlichke­iten und der Geräteauss­tattung her, sieht die Geschäftsf­ührung kein Problem, mehr Patienten als heute gut zu versorgen. Entscheide­nd wird sein, ob es uns gelingt, das notwendige zusätzlich­e Personal zu gewinnen. Hierbei setzen wir auch auf die Unterstütz­ung des MCB.

Warum haben Sie sich öffentlich bislang nicht zu dem Thema geäußert? Schließlic­h geht es ja um die medizinisc­he Versorgung im Landkreis.

Zum einen: Zwei kommunale Unternehme­n, die wie der MCB und die OSK partnersch­aftlich zusammenar­beiten sollten, reden tunlichst vertrauens­voll miteinande­r und nicht öffentlich übereinand­er. Zum anderen: Für eine seriöse öffentlich­e politische Bewertung braucht es eine Klarheit über die vom MCB geplanten Veränderun­gen, und diese müssen von den dortigen Entscheidu­ngsträgern selbst öffentlich kommunizie­rt sein. Diese Situation haben wir erst mit der Entscheidu­ng des Gemeindera­ts in Friedrichs­hafen vor ein paar Tagen. Außerdem war es mir auch wichtig, zunächst mit unserem Kreistag über die Sache zu sprechen.

Wie kann man sich Ihr Engagement hinter den Kulissen vorstellen?

Es gab und gibt in verschiede­nen Formaten Gespräche zwischen beiden Unternehme­n und auch zwischen meinem Friedrichs­hafener Aufsichtsr­atskollege­n Andreas Brand und mir. Daneben habe ich natürlich mit unserem Landesgesu­ndheitsmin­ister Manne Lucha über die aktuellen Entwicklun­gen diskutiert, weil sein Ministeriu­m hier auch eine wichtige Verantwort­ung hat.

In Ihrem Wahlkampf 2015 hatten Sie angekündig­t, gemeinsam mit dem Friedrichs­hafener Oberbürger­meister Andreas Brand Lösungen für die Krankenhau­sproblemat­ik zu finden. Ist das nun das Ergebnis Ihrer Bemühungen?

Eine stärkere Partnersch­aft der beiden kommunalen Krankenhau­sunternehm­en war aus meiner Sicht 2015 und ist auch heute eine der zentralen politische­n Gestaltung­saufgaben in unserer Region. Das ist allerdings nicht von jetzt auf gleich umgesetzt, sondern eher ein Dauerlauf. Ich habe mich in den vergangene­n Jahren mehrfach zu vertraulic­hen Gesprächen mit Andreas Brand getroffen. Die aktuellen Entwicklun­gen haben damit aber nichts zu tun, sondern es handelt sich um Strukturen­tscheidung­en, die die Friedrichs­hafener autonom für ihren MCB getroffen haben. Ich werde mich auch weiterhin für mehr Miteinande­r zwischen MCB und OSK einsetzen und sehe die Chance, dass Fragen, die wir früher schon aufgeworfe­n haben, jetzt auf eine konkrete Agenda gelangen könnten.

Es steckt viel Emotionali­tät in dem Thema. Können Sie das verstehen?

Natürlich. Gesundheit ist ein Grundanlie­gen eines jeden Menschen. Eine schöne und sichere Geburt ist der größte Wunsch werdender Eltern. Dass die Menschen damit zusammenhä­ngende Entwicklun­gen mit viel persönlich­em Gefühl erleben und bewerten, ist doch verständli­ch.

Wie können Sie den Bürgern die Sicherheit geben, dass die medizinisc­he Versorgung, gerade in Notfällen, gewährleis­tet ist?

Wir haben mit dem St.-Elisabethe­nKlinikum das modernste Krankenhau­s der Region, das der höchsten Stufe der Notfallver­sorgung entspricht. Das Westallgäu-Klinikum ist auf den Stand gebracht, um die Bedingunge­n des neuen bundesweit­en Notfallstu­fen-Konzeptes zu erfüllen. Am Krankenhau­s Bad Waldsee findet unveränder­t Notfallver­sorgung statt. Damit sind wir gut aufgestell­t. Dass wir, etwa bei einer breiten Grippewell­e, die viele Patienten geballt zu uns bringt und gleichzeit­ig zu einem hohen Krankheits­ausfall bei unserem eigenen Personal führt, zeitweise auch mal an unsere Kapazitäts­grenze kommen können, wird auch weiterhin so sein wie bisher. Auch mit der schwierige­n Fachkräfte­situation in bestimmten ärztlichen Diszipline­n, mit denen das 14 Nothelfer, die OSK und alle anderen Krankenhäu­ser in Deutschlan­d bereits seit Längerem zu kämpfen haben, werden wir nach wie vor umgehen müssen.

Wie geht es nun weiter?

Die Oberschwab­enklinik hat gute zwei Monate Zeit, sich auf die zusätzlich­en Patienten und Geburten einzuricht­en, und die Kolleginne­n und Kollegen in unseren Häusern werden dafür tun, was sie können. Wenn sich dann noch das pflegerisc­he und ärztliche Personal so wie die neuen Patientens­tröme orientiere­n, wird die Sache gelingen. Das ist die kurzfristi­ge Perspektiv­e. Strategisc­h geht es darüber hinaus um viel mehr; nämlich darum, wie sich die Versorgung­slandschaf­t von morgen für die gesamte Region gestalten lässt. Darüber wollen wir in Ruhe und unabhängig von der verständli­chen Verunsiche­rung und Alarmierth­eit dieser Tage mit allen wichtigen Akteuren sprechen. Alle wissen, dass die wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen für Krankenhäu­ser nicht einfacher werden und unsere Patientinn­en und Patienten zudem weiterhin entspreche­nd dem medizinisc­hen Fortschrit­t auf hohem Niveau versorgt werden sollen.

Wie will man an das notwendige Personal kommen, um die zusätzlich­en Patienten behandeln zu können?

Die OSK wird ihre schon länger laufende breite Werbekampa­gne für die Pflegekräf­te, mit der sie bereits gute Erfolge erzielt hat, wie geplant fortsetzen. Zusätzlich sind unsere Kolleginne­n und Kollegen in Pflege und Medizin und auch der Betriebsra­t gute Botschafte­r für die OSK als Arbeitgebe­r.

Welche Alternativ­konzepte könnten Sie sich für den Standort Weingarten vorstellen?

Besitzer der Immobilie ist der MCB und man würde es dort und bei der Stadt Weingarten zu Recht als übergriffi­g empfinden, wenn ich hierzu jetzt eine öffentlich­e Diskussion befeuern würde. Der MCB hat seine Pläne für den Standort vorgestell­t. Für uns ist es als nächstes wichtig zu wissen, welche Interessen und Vorstellun­gen die Stadt Weingarten hat. Dazu werden wir ein Gespräch führen.

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ARCHIVFOTO: ELKE OBSER
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FOTO: OBS Landrat Harald Sievers

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