Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Warum die Schweizer bei uns so rasen
Der Datenschutz ist heutzutage eine komplizierte Angelegenheit. Denn je wichtiger es uns ist, dass niemand mitbekommt, was wir so tun und lassen, umso verärgerter reagieren viele, wenn sie feststellen, dass es gar niemanden interessiert, was wir so tun oder lassen. Google und Amazon sind natürlich von aller Besorgnis ausgenommen, denn die wollen ja nichts Böses von uns, sondern nur unser Bestes – egal ob per Kreditkarte oder Nachnahme.
Im Straßenverkehr wird der Datenschutz auch immer wichtiger. Besonders stark ausgeprägt scheint er bei Österreichern zu sein, die zu Unrecht im europäischen Vergleich als besonders blinkfaul gelten. Es geht ihnen dabei nur um den Datenschutz. Wo kämen wir denn da hin, wenn durch das Blinken jeder sofort wüsste, wo man hin will? Das geht schließlich keinen etwas an. Ähnlich grenzwertig sind Verkehrskontrollen, bei denen nach Papieren gefragt wird – es kommt noch so weit, dass Polizisten den Namen eines Kontrollierten wissen wollen.
In Zusammenhang mit Datenschutzerwägungen werden auch Schweizer auf hiesigen Autobahnen permanent missverstanden. Denn die Eidgenossen fahren nur deshalb bis an den Rand der eigenen Stoßstange auf, damit niemand das Nummernschild mehr sehen kann. Um zu vermeiden, dass jemand das hintere Kennzeichen entziffert, fährt der Schweizer Bürger naheliegenderweise besonders zügig. Sodass die Buchstaben nur noch verwischende Schlieren sind. Das sollten wir nicht vergessen, wenn wir künftig eidgenössische Datenschutzbedürfnisse mit Nötigung verwechseln. (nyf)
untermstrich@schwaebische.de