Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Lebende sollen mehr Organe spenden dürfen
Gesundheitsminister Spahn schlägt Lockerung der Gesetze vor – Lob von der FDP
BERLIN - Wann darf ein gesunder Mensch einem Erkrankten ein Organ spenden? Darüber ist politischer Streit entbrannt. Bisher ist etwa die Spende einer Niere, so wie das der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor einigen Jahren für seine Frau getan hat, an strenge Regeln gebunden. Dazu gehört, dass sich Spender und Empfänger sehr nahestehen, etwa als Kinder, Geschwister oder Eheleute. Geld darf keine Rolle spielen.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der generell die Zahl der Organspenden erhöhen will, hat nun eine Diskussion darüber angeregt, ob nicht mehr Menschen als Lebendspender erlaubt sein sollen. Etwa, indem nicht nur allerengste Verwandte zugunsten eines Schwerkranken auf eine Niere oder Teile der Leber verzichten dürften. 2018 entfielen laut Deutscher Stiftung Organtransplantation von insgesamt 3959 verpflanzten Organen 690 auf Lebendspenden.
Für die Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) ist das ein Unding. Lebendorganspenden müssten „begrenzt sein auf Menschen, die sich nahestehen, sonst öffnet sich Tür und Tor für Kommerzialisierung, Organhandel und Missbrauch“. Auch die Ulmer Sozialdemokratin Hilde Mattheis betont: „Organspende darf nicht zum
Geschäft werden, sondern muss eine freiwillige und ohne Gewinnabsicht erfolgende Spende bleiben.“Wenn Spahn jedoch ernsthafte Vorschläge habe, könne man darüber diskutieren.
Ganz anders ist die Haltung von Katrin Helling-Plahr (FDP). Sie verweist darauf, bereits vor einem Jahr einen Antrag in den Bundestag eingebracht zu haben, der Lebendspenden aus uneigennützigen Gründen erleichtern sollte, denn „die gegenwärtige Fassung des Transplantationsgesetzes macht Organlebendspenden unnötig schwer“. Spahn aber habe die Debatte darüber bisher verschleppt. Dass der Minister seine Meinung offenbar geändert habe, begrüße sie ausdrücklich. „Die Verzögerung
war aber völlig unnötig.“Die FDP plädiert etwa dafür, „Überkreuzspenden zu legalisieren, die beispielsweise in Spanien sehr erfolgreich durchgeführt werden“. Möchte ein Mann seiner Frau eine Niere spenden, was wegen unterschiedlicher Blutgruppen jedoch nicht funktionieren würde, wäre ein Ringtausch möglich: Der Ehemann des ersten Paares spendet für die Frau eines zweiten Paares, dafür erhält die Niere von Ehemann B die Ehefrau A.
Was davon angegangen wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Das Gesundheitsministerium teilt mit, Spahn habe keine Vorschläge präsentiert, sondern zunächst lediglich eine Debatte angeregt.