Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
König der Schulden
Warum unter der Ägide Donald Trumps die US-Neuverschuldung explodiert ist
FRANKFURT - Für schlechte Haushaltsführung und eine ausufernde Verschuldung hatte Donald Trump seinen Vorgänger, Barack Obama, immer wieder kritisiert. Trump versprach im Wahlkampf 2016, dass es für ihn ein Leichtes wäre, das Defizit innerhalb weniger Jahre beseitigen zu können. Die Zahlen aus dem USFinanzministerium zum Staatsdefizit der Vereinigten Staaten sprechen vom Gegenteil: Unter der Ägide Donald Trumps ist die Neuverschuldung geradezu explodiert.
Im Haushaltsjahr 2019, das am 30. September zu Ende ging, ist das Haushaltsloch um 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf knapp eine Billion US-Dollar (984 Milliarden) angewachsen. Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2009 erreichte das USDefizit zwar die schwindelerregende Höhe von über 1,4 Billionen US-Dollar. Allerdings musste die damals neue Regierung Obama zu dieser
Zeit für rund 700 Milliarden US-Dollar Banken „retten“. Obama schaffte es dann in den Folgejahren, die Verschuldung Schritt für Schritt wieder auf knapp 440 Milliarden US-Dollar zu senken – dem ungefähren Niveau vor der Finanzkrise.
Schuld am großen Haushaltsloch unter Donald Trump ist zum einen die von ihm eingeführte Steuerreform. Zwar hatte die Regierung angekündigt, dass die Steuersenkungen zu wirtschaftlichen Vorteilen durch Wachstum und Beschäftigung führen würden. Doch trotz nach wie vor solider Wachstumsraten der USWirtschaft sind die Ausgaben nicht annähernd kompensiert worden. „Hoffnungen, dass die Anfang 2018 in Kraft getretenen Steuersenkungen die Wirtschaft ankurbeln und sich damit im Wesentlichen selbst finanzieren, sind nicht eingetreten“, stellt Volkswirt und Amerika-Experte Bernd Weidensteiner von der Commerzbank fest. Zum anderen sind die Rüstungsausgaben unter Trump stark angestiegen. Sie haben ein Niveau erreicht wie zuletzt zu Zeiten des Irak-Krieges. Im vergangenen Jahr stieg der Etat des US-Verteidigungsministeriums um satte neun
Prozent. Insgesamt sind im vergangenen Haushaltsjahr die Ausgaben in Washington um rund acht Prozent gestiegen, während die Einnahmen nur bei etwa der Hälfte lagen.
Und schließlich sind auch die bestehenden Schulden teuer. Allein im vergangenen Jahr sind die von Washington zu leistenden Zinszahlungen für die US-Schulden um zehn Prozent gestiegen – auf ein Volumen von 51 Milliarden US-Dollar. Der Schuldenberg der USA türmt sich mittlerweile auf knapp 23 Billionen Dollar.
In der Regierung zeigt man sich unbeeindruckt von diesen Zahlen. Der amerikanische Finanzminister, Steven Mnuchin, wertet die Haushaltsbilanz als Beweis, dass die Wirtschaftspolitik der Trump-Administration funktioniert. Dagegen forderte er den Kongress auf, „verschwenderische und unverantwortliche Ausgaben“einzudämmen.
Ein Problem angesichts des tiefen Haushaltsloches in den USA sehen Beobachter spätestens für den Fall voraus, wenn die Wirtschaft weiter an Schwung verliert oder möglicherweise eine Rezession droht. Seit Beginn 2018 kühlt sich die Weltwirtschaft ab, fallen die Wirtschaftsprognosen reihenweise. „Auch die Wirtschaft der USA spürt mittlerweile den Gegenwind, den wir hier in Europa schon letztes Jahr bemerkt haben“, sagte der Chefvolkswirt der ING, Carsten Brzeski. So hat sich mittlerweile beispielsweise das Geschäftsklima in der US-Industrie merklich abgekühlt.
Auch wegen solcher Anzeichen – und der Risiken etwa durch Handelskonflikte – hatte die US-Notenbank FED in diesem Sommer zweimal den Leitzins gesenkt. Marktbeobachter rechnen für diesen Mittwoch mit einem erneuten Zinsschritt nach unten. Allerdings wäre es der Notenbank wohl lieber, das Pulver möglichst trocken zu halten – um im Falle eines wirklichen Abschwunges durch Zinssenkungen noch genügend Spielraum zu haben.