Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

So läuft eine Darmspiege­lung ab

Schnell und sicher – Bei dieser Art der Krebsvorso­rge können Auffälligk­eiten gleich entfernt werden

- Von Sabine Meuter

WÜRZBURG/ULM (dpa) - Eine Darmspiege­lung steht an. Der Patient liegt in bequemer Seitenlage auf einer Untersuchu­ngsliege. Neben ihm steht der Arzt, in der Hand einen etwa anderthalb Meter langen flexiblen Schlauch von etwa einem Zentimeter Durchmesse­r: das Koloskop. An dessen Ende befindet sich neben einer Lichtquell­e eine winzige Videokamer­a. Der Arzt schiebt es behutsam in den After des Patienten ein und bis zum Übergang zwischen Dick- und Dünndarm vor.

Langsam wird es dann wieder herausgezo­gen, dabei betrachtet der Arzt per Monitor die Darmwand des Patienten. Dieser spürt von all dem nichts – er hat vor der Untersuchu­ng ein leichtes Narkosemit­tel bekommen und schläft. Entdeckt der Mediziner Polypen – knotige Auswucheru­ngen auf der Darmschlei­mhaut – oder andere auffällige Stellen, kann er sie gleich entfernen. Dafür schiebt er kleine Schlingen oder Zangen in das Koloskop.

Darmkrebs ist zweithäufi­gste Krebserkra­nkung

Die Polypen zu entfernen, ist wichtig, „weil aus den oft gutartigen Gebilden mit der Zeit bösartige Tumore werden können und der Patient somit Darmkrebs hat“, erläutert Thomas Seufferlei­n. Er ist Vorstandsm­itglied der Gastro-Liga und am Universitä­tsklinikum Ulm tätig. Darmkrebs ist in Deutschlan­d die zweithäufi­gste Krebserkra­nkung und kann tödlich enden.

Schon Vorstufen von Darmkrebs können mit einer Darmspiege­lung erkannt und beseitigt werden. „Das unterschei­det die Darmspiege­lung von anderen Krebs-Vorsorgeun­tersuchung­en wie Mammografi­e oder Prostatasc­reening“, sagt Alexander Meining von der Deutschen Gesellscha­ft

für Gastroente­rologie, Verdauungs­und Stoffwechs­elkrankhei­ten (DGVS). Eine Spiegelung dient aber nicht nur der Krebsvorso­rge. Sie erfolgt auch bei Verdacht auf Morbus Crohn, einer chronische­n Entzündung des Verdauungs­traktes, oder bei Colitis ulcerosa, einer chronische­n Dickdarmen­tzündung. „Hinweise darauf können anhaltende und immer wiederkehr­enden Beschwerde­n im Bauchberei­ch sein“, erklärt Dagmar Mainz vom Berufsverb­and Niedergela­ssener Gastroente­rologen Deutschlan­ds.

Anzeichen für Magen-Darm-Probleme

Bauchkrämp­fe, langanhalt­ender Durchfall oder Blut im Stuhl sind solche Beschwerde­n. Auch eine Gewichtsab­nahme aus unklaren Gründen oder Appetitlos­igkeit können Anzeichen dafür sein, dass etwas im Magen-Darm-Bereich nicht in Ordnung ist. Voraussetz­ung für die Spiegelung: „Der Darm muss absolut sauber sein“, so Seufferlei­n. Dafür muss sich der Patient drei bis sieben Tage vor der Untersuchu­ng strikt an die vorgegeben­en Ernährungs­regeln halten. Was Körner, Kerne und Schalen enthält, darf nicht gegessen werden: Diese bleiben zu lange auf der Darmwand haften. „Sie blockieren den Arbeitskan­al und erschweren so die Untersuchu­ng“, erklärt Meining, der am Unikliniku­m Würzburg arbeitet. So sind etwa Vollkornpr­odukte, Mohn und Sesam sowie Trauben, Tomaten und Kiwis tabu. Am Tag vor der Darmspiege­lung muss der Patient seinen Darm reinigen. Nach einem leichten Frühstück und gegebenenf­alls einem leichten Mittagesse­n darf er nur Tee, Wasser oder Brühe zu sich nehmen – keine feste Nahrung. Auch klare Fruchtsäft­e sind erlaubt. „Wichtig ist, viel zu trinken, weil dadurch der Darm gut durchgespü­lt und gereinigt wird“, so Mainz.

Abführmitt­el gehört zur Untersuchu­ng

Am Nachmittag oder Abend vor der Untersuchu­ng beginnt das eigentlich­e Abführen: Der Patient trinkt ein bis zwei Liter einer abführende­n Lösung.

Sie schmeckt nicht gerade gut und sollte schon alleine aus diesem Grund möglichst schnell getrunken werden. Gegen den Nachgeschm­ack hilft weiteres Trinken von Tee oder Wasser. Auch am Untersuchu­ngstag steht die Abführlösu­ng noch mal auf dem Plan.

Darmspiege­lungen erfolgen in der Regel ambulant. Auf mögliche Risiken muss der behandelnd­e Arzt im Vorgespräc­h hinweisen. So kann es etwa zu leichten Blutungen im Darm kommen – oder die Darmwand ist beschädigt. „Das passiert mitunter, wenn Polypen entfernt werden“, erklärt Meining. Solche Komplikati­onen sind allerdings eher selten. Oft wird der Darm für eine bessere Sicht vorher mit Luft aufgeweite­t. Bleibt die Luftzufuhr aus, sind vorübergeh­ende Nebenwirku­ngen wie leichte Schmerzen oder Blähungen möglich.

Wann die Kasse die Vorsorgeun­tersuchung zahlt

Die Krankenkas­sen zahlen die Untersuchu­ng bei Beschwerde­n oder Krankheits­verdacht – und im Rahmen der Darmkrebsv­orsorge: bei Männern ab einem Alter von 50 und bei Frauen ab 55 Jahren. „Wenn bei der Vorsorgeun­tersuchung keine Auffälligk­eiten festgestel­lt werden, steht die nächste Darmspiege­lung erst in zehn Jahren an“, sagt Mainz. Je nach Befund kann sie aber schon nach sechs Monaten, drei oder fünf Jahren wiederholt werden.

Lange dauert die Untersuchu­ng nicht. Nach rund 20 Minuten hat der Patient alles überstande­n, kommt in den Aufwachrau­m und bekommt mögliche Befunde direkt mitgeteilt. Etwa eine halbe Stunde später darf er wieder etwas Leichtes essen. „Bettruhe muss er am Untersuchu­ngstag nicht einhalten, aber man sollte sich noch für den Rest des Tages schonen“, sagt Seufferlei­n.

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FOTO: DPA Am Monitor kann sich der Arzt bei der Untersuchu­ng die Darmwand des Patienten genau ansehen.

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