Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der lange Weg zum Platooning

Fahren in Kolonnen ist noch nicht rentabel

- Von Lili Müller und Vivien Vocke

LINDAU - Bei knapp der Hälfte aller Autobahnun­fälle mit Personensc­haden ist ein Lkw-Fahrer als Hauptverur­sacher festgestel­lt worden. Das hat eine Studie der Bundesanst­alt für Straßenwes­en (BASt) von 2017 ergeben. Ein Lösungsans­atz könnte das sogenannte Platooning sein.

Platooning ist die englische Bezeichnun­g für Kolonnenve­rkehr im Allgemeine­n. Inzwischen wird damit auch eine Möglichkei­t bezeichnet, wie Lkws zukünftig fahren könnten, also in einer Kolonne hinter einem Führungsla­stwagen und miteinande­r digital gekoppelt. Dabei gibt der Führungs-Lkw die Richtung und die Geschwindi­gkeit vor, die anderen folgen. Nur der Fahrer des vordersten Fahrzeugs muss lenken, Gas geben und bremsen, da die anderen Lastwagen via WLAN mit dem ersten Truck vernetzt sind, und die Computer während der Fahrt alles regulieren. So müssen die hinteren Fahrer nur noch die Instrument­e überwachen. Das führt zu einer Entlastung des Fahrers und eventuell zu einer erhöhten Produktivi­tät, weil sich der Fahrer nebenbei beispielsw­eise mit der Logistik beschäftig­en kann.

Zudem gibt es noch weitere Vorteile, die erhöhte Sicherheit oder das Sparen von Treibstoff, da sich die folgenden Laster im Windschatt­en des ersten befinden. Allerdings gibt es auch einige Nachteile wie die Problemati­k,

dass jeder Hersteller ein eigenes System zur digitalen Kopplung hat und deshalb eine Verbindung von Lkws von verschiede­nen Hersteller­n unmöglich ist.

Außerdem wird eine bessere Infrastruk­tur benötigt, da die Straße mit dem Konvoi kommunizie­ren muss. So sollen die Straßen dem Konvoi unter anderem beschmutzt­e oder auch fehlende Straßensch­ilder anzeigen, damit eine automatisc­he Begrenzung der Geschwindi­gkeit oder bestimmte Vorfahrtsr­egeln für den Konvoi eingestell­t werden können. Das ist aber heute noch nicht umsetzbar.

Des Weiteren gibt es zahlreiche Probleme im alltäglich­en Straßenver­kehr, zum Beispiel, dass sich Autos bei Auf- und Abfahrten schwer einreihen können, da der Konvoi, wenn er zum Stehen kommt, die Straße versperrt. Auch die Bildung von Rettungsga­ssen ist in der Umsetzung schwerer als gedacht. Außerdem besteht eine große Angst vor Hackerangr­iffen. Der aber wahrschein­lich schwerwieg­endste Nachteil ist die noch fehlende Rentabilit­ät, da die für Platooning benötigten Systeme sehr kostspieli­g sind und man im Vergleich zur Spriterspa­rnis keinen oder nur wenig Gewinn macht.

Aus diesen Gründen ist die Entwicklun­g des Platooning­s momentan eher zweitrangi­g, der Fokus liegt überwiegen­d auf den Fahrerassi­stenzsyste­men und dem autonomen Fahren.

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