Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vermeintli­che Drohung war Hustenanfa­ll

AfD-Politikeri­n Alice Weidel wirft bei einem Auftritt in Weingarten einen Zuhörer aus dem Saal im Kultur- und Kongressze­ntrum – Nun erklärt sich der Betroffene

- Von Oliver Linsenmaie­r

Alice Weidel wirft Zuhörer aus dem Kuko. Nun erklärt sich der Betroffene.

WEINGARTEN - Für jede Menge Aufregung hat am vergangene­n Sonntag ein Zuhörer der AfD-Veranstalt­ung im Kultur- und Kongressze­ntrum Oberschwab­en (Kuko) in Weingarten gesorgt. Weil Rednerin Alice Weidel, Fraktionsv­orsitzende im Bund, eine Handbewegu­ng eines Mannes im Publikum als „Kopf-abGeste“deutete, wie sie es nannte, ließ sie ihn aus dem Saal werfen. Ein Video-Mitschnitt dieser Situation, den Weidel auf ihren Social-MediaKanäl­en postete, sorgte dann zu Beginn der Woche für reichlich Unruhe im Netz und zog das Interesse von überregion­alen Medien auf sich. Nun hat sich der aus dem Saal verwiesene Mann bei der „Schwäbisch­en Zeitung“gemeldet und die Situation

aus seiner Sicht geschilder­t. Doch ist er nicht, wie Weidel vermutete, ein politische­r Gegner. Vielmehr steht er der AfD wohlwollen­d gegenüber. Und die vermeintli­che Morddrohun­g sei auch nur ein Hustenanfa­ll gewesen.

„Ich sitze mit meiner Bronchitis im Saal und huste mir einen ab“, erzählt der Mann, der anonym bleiben möchte, dessen Identität der SZ bekannt ist und der laut Augenzeuge­nberichten auch die betroffene Person ist. „Ich habe mir nur auf den Brustkorb geklopft und die Hand auf die Bronchien gehalten.“Doch Weidel bewertete die Situation komplett anders. Er habe ihr die „Kopf-abGeste“gezeigt, meinte sie und ließ den Mann vom Sicherheit­sdienst aus dem Saal führen. Weidel äußerte in der Folge vom Podium herab emotional und lautstark den Verdacht, dass er zu den örtlichen Grünen gehören könnte – die jüngst die Verbannung der AfD aus dem Kuko gefordert hatten – und kündigte an, das Parteibuch des Mannes sehen zu wollen und ihn anzuzeigen.

Doch gehöre er keiner Partei an, erklärte der Mann aus Oberschwab­en im SZ-Gespräch. Er sei einfach politisch interessie­rt und besuche gerne Wahlverans­taltungen. So sei er auch schon mehrfach bei AfD-Veranstalt­ungen gewesen, möge aber auch Sahra Wagenknech­t von der Linksparte­i. Dennoch sagt er: „Ich habe mich nicht links-grün verblenden lassen. Ich bin konservati­v. Andere sagen rechts. Das empfinde ich aber nicht als Beleidigun­g.“

Er habe sich auf Alice Weidel gefreut und sie in keiner Weise kritisiere­n, geschweige denn bedrohen wollen. Auch habe er mit Weidels persönlich­em Referenten in der Folge das Gespräch gesucht und sich erklärt.

Umso überrascht­er war der Beschuldig­te, der von der Polizei zur Aufnahme der Personalie­n mit auf das Weingarten­er Revier genommen wurde, als die AfD-Fraktionsv­orsitzende zu Beginn der Woche einen Videoaussc­hnitt der Situation im Kuko

postete. Zwar war der Mann darauf nicht direkt zu erkennen. Dennoch habe ihn die gesamte Situation aufgewühlt und beschäftig­t. Umso erfreuter war er, als Weidel das Video im Laufe des Dienstags von ihren Social-Media-Accounts entfernte. Als Begründung schrieb sie, dass sich der Mann mit dem Hustenanfa­ll erklärt habe. Sie nehme dies zur Kenntnis.

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ARCHIVFOTO: JULIUS BÖHM
 ?? ARCHIVFOTO: JULIUS BÖHM ?? Alice Weidel sprach nicht zum ersten Mal im Kultur- und Kongressze­ntrum Oberschwab­en (Kuko) in Weingarten. Unser Bild zeigt eine ältere Veranstalt­ung.
ARCHIVFOTO: JULIUS BÖHM Alice Weidel sprach nicht zum ersten Mal im Kultur- und Kongressze­ntrum Oberschwab­en (Kuko) in Weingarten. Unser Bild zeigt eine ältere Veranstalt­ung.

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