Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein gut gemeintes Sammelsuri­um

- Von Stefan Kegel politik@schwaebisc­he.de

Nach schrecklic­hen Ereignisse­n wie dem antisemiti­schen Anschlag von Halle wird meist der Ruf nach schärferen Gesetzen laut. Für Innen- und Sicherheit­spolitiker ist das die Chance, Gesetzesvo­rhaben im Schnelldur­chgang voranzutre­iben, die sonst mühevoller Überzeugun­gsarbeit bedurft hätten. Das Verständni­s für solche Schritte wächst in der Nachwirkun­g der schlimmen Tat. Gleichzeit­ig kann die Politik der Bevölkerun­g signalisie­ren, dass sie der Gewalt nicht tatenlos zusieht.

So ist es auch mit dem aktuellen Maßnahmenp­aket der Bundesregi­erung zur Bekämpfung des Rechtsextr­emismus und der Hasskrimin­alität, das das Bundeskabi­nett am Mittwoch beschlosse­n hat. Nachdem die Dynamik im Rechtsextr­emismus jahrelang unterschät­zt wurde, haben die zuständige­n Minister Maßnahmen zusammenge­tragen, um der Gefahr entgegenzu­treten. Allerdings wirkt die Zusammenst­ellung ein wenig willkürlic­h. Der Kampf gegen Hasskrimin­alität und eine Verschärfu­ng des Waffenrech­ts stehen dort gleichbere­chtigt neben einem besseren Schutz von Notärzten im Einsatz, die eher selten Opfer rechtsextr­emistische­r Übergriffe werden dürften.

Das hat mit praktische­n Erwägungen zu tun. Die Ministerie­n haben in die Eckpunkte all jene Vorhaben hineingesc­hrieben, die ohne größere Probleme durch den Bundestag gehen dürften und im Bundesrat weitgehend nicht zustimmung­spflichtig sind. Dies bedeutet allerdings noch nicht, dass diese Pläne unmittelba­r in Kraft treten können. Dafür müssen mehrere Gesetze umgeschrie­ben, vom Parlament debattiert und beschlosse­n werden. Das wird noch mehrere Monate dauern.

Und erst danach wird es für die Koalition ungemütlic­h – falls sie den Jahreswech­sel überhaupt übersteht. Denn die größeren Brocken bei der inneren Sicherheit kommen erst noch. Bei der Reform des Bundesverf­assungssch­utzgesetze­s oder des Bundeskrim­inalamtsge­setzes liegen Union und SPD viel weiter auseinande­r als in dem Sammelsuri­um des guten Willens, das am Mittwoch auf den Weg gebracht wurde.

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