Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Studenten fordern mehr Geld für Hochschule­n

Neue Aufgaben, steigende Betriebsko­sten: Rektoren sehen Zusatzbeda­rf von 500 Millionen Euro jährlich

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STUTTGART (lsw) - In zehn Städten in Baden-Württember­g sind am Mittwoch Tausende Studenten für mehr Geld für Universitä­ten auf die Straße gegangen. „Beenden Sie die Unterfinan­zierung der Hochschule­n und werden Sie Ihrer Verantwort­ung gerecht“, forderte die Studentin Johanna Ehlers auf einer Kundgebung in Stuttgart die Landesregi­erung auf. Wolfram Ressel, Rektor der Universitä­t Stuttgart und Mitglied der Landesrekt­orenkonfer­enz, schlug vor, Geld aus den Dieselskan­dal-Strafzahlu­ngen von Automobilk­onzernen für die Hochschule­n zu verwenden. In Ulm protestier­ten etwa 1500 Studenten und auch in Friedrichs­hafen gingen Studenten auf die Straßen.

Derzeit wird über einen neuen Vertrag der staatliche­n Hochschule­n mit dem Land verhandelt, der die Finanzieru­ng für die Jahre 2021 bis 2025 regelt. Zurzeit bekommen die Hochschule­n rund drei Milliarden Euro pro Jahr. Geplant ist, pro Jahr zusätzlich­e Mittel zu geben, die von 127 Millionen Euro (2021) auf 533 Millionen Euro (2025) ansteigen.

Viel zu wenig, finden Hochschulr­ektoren, Gewerkscha­ften und Studenten. Denn die Hochschule­n haben mit zusätzlich­en Kosten – etwa für die Digitalisi­erung oder für neue

Aufgaben wie die Umsetzung der Datenschut­zgrundvero­rdnung – zu kämpfen, wie der Vorsitzend­e der Landesrekt­orenkonfer­enz, Bernhard Eitel, mitteilte. Allein die Betriebsko­sten würden jährlich um rund 45 Millionen Euro steigen. „Wir werden sicherlich Kürzungen durchführe­n müssen“, sagte Wolfram Ressel auf einer Kundgebung auf dem Campus in Stuttgart. Die Hochschule­n seien in den vergangene­n Jahren „gewachsen wie wahnsinnig“. Jahrelang sei gespart worden, so der Vorwurf.

93 Prozent der wissenscha­ftichen Mitarbeite­r seien schon jetzt befristet beschäftig­t, beklagte Cendrese Sadiku von der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft. Peter Schadt von der DGB Hochschulg­ruppe Stuttgart sagte, wegen des Spardrucks werde überall privatisie­rt, etwa würden Reinigungs­personal und Mensamitar­beiter „outgesourc­ed“, um Tariflöhne zu umgehen. Die Rektorenko­nferenz rechnet mit einem zusätzlich­en Bedarf von rund 500 Millionen Euro pro Jahr.

Ministerin will für Mittel kämpfen

Das Wissenscha­ftsministe­rium teilte mit, die Hochschule­n würden damit allein für 2020 so viel fordern, wie allen Ressorts miteinande­r zusätzlich für 2020 und 2021 zur Verfügung stehe. Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) kündigte an, sie werde im Landtag für weitere Mittel für die Hochschule­n kämpfen.

Mehr als „ein paar Milliönche­n“könne man so aber wohl nicht mehr dazugewinn­en, sagte Ressel. Aber es gebe ja noch die Strafzahlu­ngen von Daimler und Porsche. „Wir fordern: Pro Jahr 100 Millionen Euro an die Universitä­ten von diesem Geld!“Damit wären die nächsten fünf Jahre gesichert, sagte er. Daimler war wegen Verwicklun­gen in den Dieselskan­dal zu einer Strafe von 870 Millionen Euro verdonnert worden, Porsche zu 535 Millionen Euro. Die Wissenscha­ftsministe­rin bekräftigt­e, sie setze sich dafür ein, dass auch die Hochschule­n als Innovation­streiber von den Mitteln profitiere­n.

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FOTO: HORST HÖRGER Studenten demonstrie­ren in Ulm für eine bessere finanziell­e Ausstattun­g der Hochschule­n. Der Sarg steht symbolisch für die Bildung, die durch die Sparpläne der Landesregi­erung tödlich bedroht sei.

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