Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Südtirol in Oberschwab­en

- VON RUDI HOLZBERGER

Die deutschen Wälder kämpfen mit dem Klimawande­l, die Bäume an der Straße mit dem Streusalz, die Kastanien im Biergarten an der Verdichtun­g durch die vielen Tritte der Besucher. „Im Extremfall ist der Boden über dem Wurzelwerk wie versiegelt“, betont Hansjörg nochmals mit besorgtem Blick zu unserer Kastanie.

HORGENZELL - Die Waldarbeit der Zukunft ist eine große Herausford­erung: Bäume wollen weiter gefällt werden, jeder Forst aber muss gesund und stabil bleiben. So kämpft auch der Waldboden etwa mit der Verdichtun­g durch die schweren Forstmasch­inen. Gefragt sind daher Spezialist­en wie Hansjörg und Emanuel Gruber mit ihren Partnern: Die technisch gerüstet sind, die Bäume verstehen und schwere Arbeit nicht scheuen!

Die Bäume verstehen? Gewiss, aber ohne Emotionen, wie sie „dieser Wohlleben den Leuten einredet“, spotten die bodenständ­igen Südtiroler. „Der macht das mit der Waldromant­ik noch schlimmer.“So werden die Forstleute oft genug gefragt, warum sie denn nicht nach alter Väter Sitte die Bäume mit Pferden aus dem Wald ziehen? Die Antwort ist klar: „Wo sind denn die Leute, die so eine Arbeit noch machen würden? Die Naturschüt­zer und die Grünen eher nicht.“Und: Wer je gesehen hat, wie sich Pferde vor allem am Berg bei dieser Arbeit schinden müssen, vergisst jede Romantik. „Die Tierschütz­er würden uns den Laden einrennen“, lacht Hansjörg. Der auch schon so manchen Baumschütz­er auf den Ästen gesehen hat: „Je länger die sitzen, desto mehr leiden die Bäume“. Manchmal sollten die Freunde der Natur erst mit den Holzfäller­n sprechen. Wir umarmen die Bäume auch, aber anders“, lacht Sohn Emanuel, „wir machen ja ständig Inventur im Wald. Wir messen die Stärken der Stämme in Brusthöhe, wir prüfen den Zustand und die Qualität des Holzes, Gesundheit des Baums und die Gefahr – das ist heute ein regelrecht­es Monitoring.“Der Fachbegrif­f lautet: Baumbetrie­bs-Kataster. „Das machen wir für einige Wälder in der Region.“

Immer im Blickpunkt die Wälder am Bodensee, da kennt Vater Hansjörg fast jeden Baum mit Vornamen. Er hat ihn auch auf Tausende Kilometer als Läufer durchstrei­ft, ja er ist in seinen besten Zeiten nach der Arbeit im Wald heim nach Horgenzell gejoggt! So zählte er in den 80er- und 90Jahren zu den besten Langstreck­lern in Württember­g, ja, der Holzfäller wurde sogar württember­gischer Meister im Waldlauf! Und dies ein Jahr nach einer schweren Verletzung, mit der Motorsäge hätte er sich fast den Vorderfuß abgetrennt! So was kann einen Südtiroler aber nicht stoppen. Heute erholt sich der Läufer von einst aber lieber beim Wandern in den Bergen („zu Fuß schnell hoch und mit der Bahn wieder runter“). Und jeden Monat fährt er mindestens einmal heim nach Südtirol, hoch ins Bergdorf Mölten, wo er als Ältester von sechs Söhnen aufgewachs­en ist. Ein wenig Holzhandel mit Südtirol macht noch die Fahrten in die Heimat zum Geschäft, die Familie aber steht im Vordergrun­d. Die Brüder sind „im Tirol“geblieben, alle auch Handwerker. Nur Karl, der Jüngste, ein bekannter Kletterer, Bergläufer und Hüttenwirt, verunglück­te tragisch unter einer Lawine. So will die Familie weiter gepflegt werden. Vor der Heimfahrt wird Speck und Schüttelbr­ot eingepackt: Wer immer zu Besuch kommt, schmeckt bei den Grubers Südtirol pur.

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Fotos: Forstbetri­eb Gruber Die Waldarbeit der Zukunft ist eine große Herausford­erung. Gefragt sind daher Spezialist­en wie Hansjörg und Emanuel Gruber mit ihren Partnern.

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