Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wirbel um das Haus am Mühlbach
Grüne lassen Verkauf der Begegnungsstätte für Senioren prüfen – Doch es regt sich Widerstand
WEINGARTEN - „Unser Mühlbach in Gefahr“. Mit dieser Schlagzeile und einem brennenden „Haus am Mühlbach“auf der Titelseite des monatlich erscheinenden Heftes will Dieter Pfleghar, Vorsitzender der entsprechenden Begegnungsstätte für Senioren in Weingarten, öffentlichkeitswirksam auf eine Anfrage der Grünen im Gemeinderat aufmerksam machen. Denn diese wollen prüfen lassen, ob man das Haus am Mühlbach nicht verkaufen könnte und die Begegnungsstätte in den oberen Stockwerken der Kornhausgalerie unterbringen könnte. Dadurch, so der Plan der Grünen, könnte die Stadt dringend benötigte Einnahmen in Millionenhöhe für das anstehende Archiv- und Museumskonzept generieren. Doch unter Pfleghars Federführung regt sich nun Widerstand.
„Das hat viel Wirbel im Haus verursacht. Besonders bei den Ehrenamtlichen. Die brauchen die Bestätigung. Sonst hören die auf“, sagt Pfleghar über die rund 90 ehrenamtlichen Helfer und stellt Forderungen: Man wolle Informationen zu den laufenden Überlegungen, wolle von Anfang an mit einbezogen werden, der laufende Betrieb müsse gewährleistet bleiben und der Charakter der Einrichtung mit günstiger Bewirtschaftung und bis zu 1000 Besuchern im Monat müsse erhalten bleiben. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, hat der langjährige CDUStadtrat bereits 280 Unterschriften gesammelt.
Das hat man auch bei der Stadt Weingarten zur Kenntnis genommen. „Gegenüber dem Leiter des Hauses am Mühlbach wurde bereits klar signalisiert, dass sowohl die Einrichtung selbst als auch die Öffentlichkeit in mögliche Überlegungen eingebunden werden“, versichert die städtische Pressestelle. Auch habe man noch nicht mit der Prüfung des Antrages der Grünen begonnen.
Bei diesem geht es ganz konkret darum, Geld für das geplante Archivund Museumskonzept zu akquirieren. Wenn man das großzügige Gelände des Hauses am Mühlbaches verkaufen würde, könne man einen Gewinn erwirtschaften, der direkt in das Konzept mit einem möglichen Neubau beim Stadtmuseum Schlössle investiert werden könne. Und dass es dafür Geld braucht, ist längst bekannt. Bereits im vergangenen Herbst war bekannt geworden, dass die Stadtverwaltung
in nicht öffentlicher Sitzung vorgeschlagen hatte, das altehrwürdige Kornhaus zu verkaufen. Letztlich wurde dieser Vorstoß jedoch durch das Veto einiger Fraktionen gestoppt (die SZ berichtete).
Claus Kessel, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Weingartener Gemeinderat, könnte sich daher vorstellen, lieber das Haus am Mühlbach (rund 400 bis 500 Quadratmeter Gebäudefläche auf einem sehr großen Grundstück) zu verkaufen und Pfleghar im Gegenzug das erste und zweite Obergeschoss im Kornhaus anzubieten. Doch der hält von dieser Idee recht wenig. Der Brandschutz sei problematisch, da beispielsweise in der Schnitzerei mit Maschinen, in der Töpferei mit Brennöfen gearbeitet werde. Das würde in dem alten Fachwerkhaus, bei dem Probleme des Brandschutzes in der Vergangenheit ohnehin schon zur Reduzierung von Veranstaltungen gesorgt hatten, laut Pfleghar wohl kaum funktionieren. Schließlich sähen die Auflagen vor, dass im Obergeschoss des Kornhauses nicht mehr als 30 Menschen zeitgleich sein dürften. „Im Haus am Mühlbach sind im Schnitt aber 60 bis 80 Leute“, sagt Pfleghar.
Auch einen weiteren, laut Kessel positiven Effekt, sieht Pfleghar nicht. Kessel sagt, er sei im Wahlkampf öfters darauf angesprochen worden, dass das Haus am Mühlbach im Seniorenweg per Bus so schlecht erreichbar sei. Im zentral gelegenen Kornhaus sei das kein Problem. „Ich würde das unheimlich gut finden“, sagt Kessel. „Die Senioren wären mitten in der Stadt und an den ÖPNV und den Stadtgarten angebunden.“Dem entgegnet Pfleghar, dass der Bus nicht häufig genug fahre und es ohnehin Fahrgemeinschaften gebe. „95 Prozent der Leute haben kein Problem hier hinzukommen“, sagt der ehemalige CDU-Stadtrat. Ein besonderer Dorn im Auge wäre ihm – hinsichtlich des Mühlbach-Cafés – aber die Konkurrenz zum Café Museum, welches im Erdgeschoss untergebracht ist.
Auch fehle ihm im Kornhaus auch die benötigte Infrastruktur. Doch will sich Pfleghar einer Veränderung nicht grundsätzlich verweigern: „Wenn wir etwas Ebenbürtiges kriegen, versperren wir uns auch nicht.“Auch hat er sich bereits überlegt, was aus seiner Sicht am geeignetsten wäre: Er würde gerne ins Erdgeschoss des Krankenhauses 14 Nothelfer ziehen.