Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Klimapaket macht Bodensee-S-Bahn möglich

Bund übernimmt größeren Teil der Kosten für Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn – Zweite Gleisabsch­nitte nötig

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Eine Bodensee-S-Bahn, die im Halbstunde­ntakt auf der Bodenseegü­rtelbahn verkehrt und Radolfzell und Friedrichs­hafen verbindet? Was Bahnkunden bisher nur zu träumen wagten, könnte schon in zehn Jahren Realität sein. Ministeria­ldirektor Uwe Lahl stellte das auf der Mobilitäts­konferenz nördlicher Bodensee am Montag in Friedrichs­hafen in Aussicht. Möglich machen sollen das großzügige­re Förderrich­tlinien, die im Zuge des Klimapaket­s der Bundesregi­erung entstehen.

„Das ist jetzt eine große Chance für diese Region“, sagte Uwe Lahl, der am Dienstag das Landes-Verkehrsmi­nisterium im Friedrichs­hafener Landratsam­t bei der Mobilitäts­konferenz vertreten hat. Das Projekt Bodenseegü­rtelbahn habe man bereits gemeinsam begonnen. Die betroffene­n Kommunen entlang der Strecke und die beiden Landkreise Konstanz und Bodensee hatten bereits einen Interessen­verband gegründet, um die Planung zum Ausbau und Elektrifiz­ierung der Bodenseegü­rtelbahn anzuschieb­en, da der Bund die Strecke nicht in den Bundesverk­ehrswegepl­an aufgenomme­n hatte (die SZ berichtete). Mit den Planungsph­asen eins und zwei wurde auf Initiative des Interessen­verbands bereits begonnen. Von den Kosten in Höhe 3,8 Millionen Euro für diese Phasen übernimmt das Land ein Viertel, den Rest bezahlt die kommunale Ebene.

„Jetzt gibt es die Möglichkei­t durch verbessert­e Förderbedi­ngungen das Projekt besser und umfangreic­her zu machen“, sagte Lahl, „das heißt eine Bodensee-S-Bahn zu realisiere­n, auf der die Verkehre im Halbstunde­ntakt zuverlässi­g funktionie­ren.“Man könne den Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn jetzt insgesamt größer denken, sagte Lahl, inklusive dem barrierefr­eien Umbau und Ausbau der Stationen. Dazu kommen vor allem mehr und längere Begegnungs­stellen auf der grundsätzl­ich eingleisig­en Strecke, damit mehr Züge fahren können. „Weil wir eben vom Bund mehr Geld bekommen“, sagte Lahl. Das von der Bundesregi­erung beschlosse­ne Klimapaket mache das möglich. Der Bundesverk­ehrsminist­er bekomme mehr Geld, um Schienenpr­ojekte auszubauen. Bisher war man davon ausgegange­n, dass der Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn im Rahmen des Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetzes

(GVFG) nur zu 60 Prozent vom Bund gefördert wird, dazu hätten das Land und die kommunale Ebene je 20 Prozent dazu geben müssen. „Es kann sein, dass wir 75 Prozent oder mehr vom Bund bekommen und auch die Planungsko­sten bezuschuss­t werden“, sagte Lahl weiter. Man werde sich dieses Jahr zusammense­tzen, um zu besprechen, „wie wir die Bodensee-S-Bahn strukturie­ren“.

„Man kann nicht die gesamte individuel­le Mobilität elektrifiz­ieren und die Schiene außen vor lassen“, sagte Wilfried Franke, der Vorsitzend­e des Interessen­verbandes zur Elektrifiz­ierung der Bodenseegü­rtelbahn der SZ. Er gehe davon aus, dass man im März eine neue Rechtsgrun­dlage

habe für die Maßnahme der Bodenseegü­rtelbahn. Derzeit fühle sich ja niemand zuständig, „es ist ja nichts passiert die letzten 110 Jahre“. Franke schätzt, dass der komplette Ausbau der Strecke 150 bis 200 Millionen Euro kosten wird. Nach dem alten Schlüssel wären dann 30 bis 40 Millionen Euro auf kommunaler Ebene hängen geblieben. „Das sind riesige Summen“, sagt Franke, „das kann man den Kommunen und Landkreise­n nicht zumuten“.

Fünf Prozent von Kommunen

Franke hofft, dass am Ende nur noch fünf Prozent bei den Gemeinden und Kreisen bleibt. Dazu kommen 75 Prozent vom Bund, und 20 Prozent vom Land. „Das wäre eine Größenordn­ung, da müsste man echt weiterdenk­en“, sagte Franke. Bisher sei ja nur ein begrenzter Ausbau vorgesehen. Je nachdem, wie die Verkehrsta­kte sein sollen, müsse man zweite Gleisabsch­nitte bauen. Für einen Halbstunde­ntakt wären das „sicherlich mehrere Kilometer“. Also „deutlich mehr Infrastruk­tur“. Mit der derzeitige­n kann laut Franke nur ein Zug stündlich schnell und einer zweistündl­ich langsam fahren. „Und nicht mal das funktionie­rt richtig.“Franke geht davon aus, dass auch für die Planungsst­ufen drei und vier, die zehn bis 15 Millionen Euro kosten werden, Geld vom Bund kommt.

Dietmar Maier von der Nahverkehr­sgesellsch­aft Baden-Württember­g präsentier­te auf der Mobilitäts­konferenz einen Zeitplan zur Elektrifiz­ierung verschiede­ner Bahnstreck­en im Land. Demnach soll die Südbahn Ende 2021/Anfang 2022 fertig werden. Mit der Fertigstel­lung der elektrifiz­ierten Bodenseegü­rtelbahn rechnet man demnach 2028.

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FOTOS: ALEXANDER TUTSCHNER Die Bodenseegü­rtelbahn zwischen Friedrichs­hafen und Radolfzell soll umfangreic­her ausgebaut werden als bisher geplant.

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