Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Klimapaket macht Bodensee-S-Bahn möglich
Bund übernimmt größeren Teil der Kosten für Ausbau der Bodenseegürtelbahn – Zweite Gleisabschnitte nötig
FRIEDRICHSHAFEN - Eine Bodensee-S-Bahn, die im Halbstundentakt auf der Bodenseegürtelbahn verkehrt und Radolfzell und Friedrichshafen verbindet? Was Bahnkunden bisher nur zu träumen wagten, könnte schon in zehn Jahren Realität sein. Ministerialdirektor Uwe Lahl stellte das auf der Mobilitätskonferenz nördlicher Bodensee am Montag in Friedrichshafen in Aussicht. Möglich machen sollen das großzügigere Förderrichtlinien, die im Zuge des Klimapakets der Bundesregierung entstehen.
„Das ist jetzt eine große Chance für diese Region“, sagte Uwe Lahl, der am Dienstag das Landes-Verkehrsministerium im Friedrichshafener Landratsamt bei der Mobilitätskonferenz vertreten hat. Das Projekt Bodenseegürtelbahn habe man bereits gemeinsam begonnen. Die betroffenen Kommunen entlang der Strecke und die beiden Landkreise Konstanz und Bodensee hatten bereits einen Interessenverband gegründet, um die Planung zum Ausbau und Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn anzuschieben, da der Bund die Strecke nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen hatte (die SZ berichtete). Mit den Planungsphasen eins und zwei wurde auf Initiative des Interessenverbands bereits begonnen. Von den Kosten in Höhe 3,8 Millionen Euro für diese Phasen übernimmt das Land ein Viertel, den Rest bezahlt die kommunale Ebene.
„Jetzt gibt es die Möglichkeit durch verbesserte Förderbedingungen das Projekt besser und umfangreicher zu machen“, sagte Lahl, „das heißt eine Bodensee-S-Bahn zu realisieren, auf der die Verkehre im Halbstundentakt zuverlässig funktionieren.“Man könne den Ausbau der Bodenseegürtelbahn jetzt insgesamt größer denken, sagte Lahl, inklusive dem barrierefreien Umbau und Ausbau der Stationen. Dazu kommen vor allem mehr und längere Begegnungsstellen auf der grundsätzlich eingleisigen Strecke, damit mehr Züge fahren können. „Weil wir eben vom Bund mehr Geld bekommen“, sagte Lahl. Das von der Bundesregierung beschlossene Klimapaket mache das möglich. Der Bundesverkehrsminister bekomme mehr Geld, um Schienenprojekte auszubauen. Bisher war man davon ausgegangen, dass der Ausbau der Bodenseegürtelbahn im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes
(GVFG) nur zu 60 Prozent vom Bund gefördert wird, dazu hätten das Land und die kommunale Ebene je 20 Prozent dazu geben müssen. „Es kann sein, dass wir 75 Prozent oder mehr vom Bund bekommen und auch die Planungskosten bezuschusst werden“, sagte Lahl weiter. Man werde sich dieses Jahr zusammensetzen, um zu besprechen, „wie wir die Bodensee-S-Bahn strukturieren“.
„Man kann nicht die gesamte individuelle Mobilität elektrifizieren und die Schiene außen vor lassen“, sagte Wilfried Franke, der Vorsitzende des Interessenverbandes zur Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn der SZ. Er gehe davon aus, dass man im März eine neue Rechtsgrundlage
habe für die Maßnahme der Bodenseegürtelbahn. Derzeit fühle sich ja niemand zuständig, „es ist ja nichts passiert die letzten 110 Jahre“. Franke schätzt, dass der komplette Ausbau der Strecke 150 bis 200 Millionen Euro kosten wird. Nach dem alten Schlüssel wären dann 30 bis 40 Millionen Euro auf kommunaler Ebene hängen geblieben. „Das sind riesige Summen“, sagt Franke, „das kann man den Kommunen und Landkreisen nicht zumuten“.
Fünf Prozent von Kommunen
Franke hofft, dass am Ende nur noch fünf Prozent bei den Gemeinden und Kreisen bleibt. Dazu kommen 75 Prozent vom Bund, und 20 Prozent vom Land. „Das wäre eine Größenordnung, da müsste man echt weiterdenken“, sagte Franke. Bisher sei ja nur ein begrenzter Ausbau vorgesehen. Je nachdem, wie die Verkehrstakte sein sollen, müsse man zweite Gleisabschnitte bauen. Für einen Halbstundentakt wären das „sicherlich mehrere Kilometer“. Also „deutlich mehr Infrastruktur“. Mit der derzeitigen kann laut Franke nur ein Zug stündlich schnell und einer zweistündlich langsam fahren. „Und nicht mal das funktioniert richtig.“Franke geht davon aus, dass auch für die Planungsstufen drei und vier, die zehn bis 15 Millionen Euro kosten werden, Geld vom Bund kommt.
Dietmar Maier von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg präsentierte auf der Mobilitätskonferenz einen Zeitplan zur Elektrifizierung verschiedener Bahnstrecken im Land. Demnach soll die Südbahn Ende 2021/Anfang 2022 fertig werden. Mit der Fertigstellung der elektrifizierten Bodenseegürtelbahn rechnet man demnach 2028.