Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bloß nicht verwalten!
Lewis Hamilton dürfte in Austin Formel-1-Weltmeister werden – besiegeln will er den Titel gern per Sieg
AUSTIN (USA) - Die Dienstreise in seine Wahlheimat USA hatte für Lewis Hamilton zunächst nicht den Charakter einer glamourösen Triumphfahrt. Direkt nach seinem Mexiko-Sieg jettete der Mercedes-Vorzeigechauffeur mit Teamchef Toto Wolff zu einem Business-Termin an die New Yorker Börse. Weiter ging es mit Fotoshootings und den üblichen Trainingseinheiten, ehe sich der Rekordjäger der Formel 1 zu seiner Lieblingsstrecke in Austin/Texas aufmachte. Beim Großen Preis der USA (Sonntag, 20.10 Uhr MEZ/RTL, Sky) steht Hamiltons sechste WM-Krönung bevor. Platz acht reicht ihm, um aus eigener Kraft das halbe Dutzend vollzumachen. Wenn sein Teamkollege Valtteri Bottas das drittletzte Saisonrennen nicht gewinnt, muss Hamilton für den Titel noch nicht einmal ins Ziel kommen. Doch eine Spazierfahrt oder das Köpfen einer Champagnerflasche als Zuschauer genügen den Ansprüchen des Briten nicht.
„Ehrlich gesagt, ich bevorzuge die Art und Weise, wie es in Mexiko passiert ist“, sagte der 34-Jährige. Gewinnen musste Hamilton in der Höhe von 2285 Metern nicht, um der WM ein weiteres Stück näherzukommen – aber sich zum Titel „verwalten“, das ist eben nicht Hamilton-Style.
Dabei machte Hamilton lediglich zwei seiner bislang fünf WM-Titel mit Siegen perfekt, 2014 in Abu Dhabi und 2015 in Austin. 2008, 2017 und 2018 genügten ihm in turbulenten Rennen Platzierungen fernab des Podiums, um sich die Krone aufzusetzen. Das wurmt den ehrgeizigen Briten, der bis auf einen Titel an Rekordweltmeister Michael Schumacher heranrücken kann. „Man sieht jemanden auf dem Podium, der einen Sieg feiert. Ich aber habe eine Meisterschaft gewonnen. Das bringt dich ein bisschen in Konflikt, weil du im Rennen besser abschneiden wolltest. Aber letztlich hast du das ganz große Ziel erreicht“, schilderte er seine Gefühle.
Schützenhilfe wird Hamilton kaum brauchen auf dem abwechslungsreichen Kurs in Texas. Fünfmal triumphierte der mittlerweile 83-malige Grand-Prix-Sieger auf dem Circuit of the Americas, der wie gemacht ist für seinen Fahrstil. Im Kampf um den Sieg wird er auf Bottas achten müssen, vor allem aber auf die beiden Ferrari. Auf der 1,2 Kilometer langen Geraden werden Sebastian Vettel und Charles Leclerc wieder einmal Maßstäbe setzen, der Mercedes hingegen ist in den abwechslungsreichen Kurvenkombinationen im Vorteil.
Dennoch peilt die Scuderia nichts anderes als den Sieg an. Im Qualifying ist der SF90H seit dem Sommer eine Macht, Teamchef Mattia Binotto fordert den nächsten Schritt. „Wir sind die letzten sechs Rennen von der Pole Position gestartet, haben aber nur drei gewonnen und wollen es auf jeden Fall besser machen“, sagte er.