Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ärger um Schützenlied
Der Ravensburger Schülerrat nimmt sich die nächste Rutenfesttradition vor.
RAVENSBURG - Neben dem Schülerrat hat auch der Ravensburger Gesamtelternbeirat das Thema Chancengleichheit beim Rutenfest „kritisch und intensiv diskutiert“, sagt der Vorsitzende Johannes Volz. Das Gremium setzt nicht auf Konfrontation und will auch keine Lösungen vorgeben. Allerdings fordern die Eltern den Mut ein, „die Dinge ins 21. Jahrhundert weiterzuentwickeln“– gemeinsam und konstruktiv. Hier sieht der GEB grundsätzlichen Handlungsbedarf.
Volz macht in der aktuellen Debatte Parallelen zum Frauenwahlrecht aus: Weil dies (auch wenn es lange nicht so war) eine Selbstverständlichkeit sei, gehe es nicht darum, ob, sondern wie Gleichberechtigung beim Rutenfest hergestellt werden könne. Vorstellbar ist da für den GEB einiges – etwa, dass Mädchen künftig die Trommler mitwählen dürfen, dass es zwei gleichwertige Trommlerkorps für Mädchen und Jungs gibt, oder dass statt des Rutenhauptmanns auch mal ein Mädchen die Rede beim Adlerschießen hält. „Es gibt viele Möglichkeiten, manches anders zu gestalten, ohne gleich alles über den Haufen zu werfen“, ist Volz überzeugt. Wichtig ist ihm, dass Veränderungen für Gleichwertigkeit sorgen. Nicht gefragt seien „zweitrangige Veranstaltungen“, wie das Adlerschießen für die Mädchen häufig immer noch wahrgenommen werde.
Der Weg dorthin geht seiner Ansicht nach über eine breit gefächerte, am besten an einem runden Tisch moderierte „Diskussion der Stadtgesellschaft“– der sich in guter demokratischer Manier alle stellen sollten. Dazu gehöre auch, „den Interessen der anderen ernsthaft zuzuhören“. Auch das Trommlerkorps der Ravensburger Gymnasien könne sich da nicht einfach „auf eine kleine Insel zurückziehen und sagen, das geht uns nichts an“, findet Volz. Schließlich sei das Troko nicht irgendein Sportverein, sondern spiele eine herausragende Rolle beim Rutenfest – er schätze das „große Engagement“der Trommler sehr, betont Volz.
In Bezug auf die Abwehrhaltung des Trokos, Frauen in seine Reihen aufzunehmen, fragt sich der GEB-Vorsitzende, warum eine alte Tradition denn kaputtgehen sollte und „ob denn wirklich alles zusammenbricht, wenn Mädchen da mitmachen“– wohl wissend, dass der Ansturm weiblicher Trommelinteressenten sich höchstwahrscheinlich in Grenzen halten würde. Deswegen müsse man Mädchen die Teilhabe dennoch ermöglichen: „Selbst wenn kein einziges Mädchen mittrommeln möchte, muss das dennoch möglich sein“, ist Volz überzeugt. Und zwar gerade dann, wenn das Dabeisein einem Initiationsritus gleichgesetzt werde, wie es Aktive und Ehemalige Trommler immer wieder tun: Den Zugang dazu „müssen die Mädchen sich nicht selber basteln und damit ausbaden, dass es ihnen die letzten 100 Jahre verboten war“, so Volz.
Er kann sich durchaus vorstellen, dass es auch eine Potenzialerweiterung bedeuten könnte, wenn Mädchen mittrommeln und mit Verantwortung übernehmen dürften – anstatt wie bisher „nur schmückendes Beiwerk zu sein“.
Um dies umzusetzen, sieht Volz die Kommunalpolitik gefordert. Vor allem muss seiner Auffassung nach erst einmal abgesteckt werden, ob Troko, Landsknechte & Co. denn nun Schulgruppen sind und diese vertreten – oder womöglich doch nicht. „Das ist schwammig, da braucht es eine grundsätzliche Klärung“, so Volz. Er hält es überdies für angezeigt, dass auch die Schulen selbst eine klare Position zum Thema Chancengleichheit beim Rutenfest beziehen.
„Selbst wenn kein einziges Mädchen mittrommeln möchte, muss das dennoch möglich sein.“
Johannes Volz, Vorsitzender des Gesamtelternbeirats