Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Pünktlich, höflich, unkonkret
Von der Leyen bleibt im U-Ausschuss die Antwort schuldig, ob sie Fehler gemacht hat
BERLIN - Gab es im Bundesverteidigungsministerium Vetternwirtschaft? Und warum werden dort Millionenbeträge für externe Berater ausgegeben? Fragen wie diesen geht ein Untersuchungsausschuss des Bundestags nach. Als letzte Zeugin befragt er Ex-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).
Die Befragung beginnt mit dem Austausch von Höflichkeiten. Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Hellmich (SPD) heißt von der Leyen zunächst einmal „herzlich willkommen“. Die ist auf die Minute pünktlich im Sitzungssaal 3101 erschienen und versichert ihrerseits: „Ich freue mich auf Ihre Fragen.“
Und Fragen haben die Abgeordneten viele. Es geht um die Berateraffäre, den wohl dunkelsten Fleck auf von der Leyens Karriereweste. Gekommen ist sie nicht als die mächtige EUKommissionspräsidentin, die sie inzwischen ist, sondern als frühere Chefin des Verteidigungsministeriums, in dem es, so viel steht inzwischen fest, in Sachen Auftragsvergabe für externe Berater drunter und drüber ging. Es geht um Kontrollverlust und „Kennverhältnisse“, um die Übernahme von Patenschaften und die Vergabe von lukrativen Aufträgen. Der Bundesrechnungshof hatte teilweise erhebliche Mängel bei der Auftragsvergabe festgestellt. Von Rechtsverstößen und möglicher Vetternwirtschaft spricht die Opposition. „Völlig unnütz“sei Geld ausgegeben worden, fasst Grünen-Politiker Tobias Lindner den Sachstand zusammen. „Mehr als 20 Millionen Euro wurden verschwendet.“
Von der Leyen gesteht ihrerseits gleich in ihrem Eingangsstatement ein: Es „sind Fehler passiert“. Aber insbesondere die Digitalisierung der Bundeswehr war ihr zufolge „ohne
Hilfe von außen nicht zu schaffen“. Sehr viel konkreter wird sie nicht. Schon gar nicht in der Frage, wer denn in dem Ministerium für diese Fehler verantwortlich ist und wie viel von dieser Verantwortung womöglich auf ihrem eigenen Schreibtisch abzuladen ist. Auf die Kernfrage: „Sehen Sie Fehler bei sich?“antwortet von der Leyen nicht wirklich. Stattdessen verweist sie auf ihre „Betroffenheit“, als sie von den Vorwürfen erfuhr, und auf die ergriffenen Gegenmaßnahmen. Und ihrer damals zuständigen Staatssekretärin Katrin Suder stellt sie eine Art Blankoscheck aus: Diese habe ihre Aufgaben „mit Bravour und Brillianz erledigt“.
Die Ministerin gibt sich auch große Mühe, das darzustellen, was sie den „zeitlichen Kontext“nennt: Afghanistan-Einsatz, Krim und Ostukraine, IS-Milizen im Irak, Ebola, Terroranschläge in Europa und dann noch die Flüchtlingskrise. Und mittendrin die Bundeswehr, die nach der Schrumpfkur der zurückliegenden Jahrzehnte angemessen aufgestellt werden sollte für ebendiese neuen Aufgaben. Von der Leyen macht damit klar: Die Weltpolitik und nicht Verwaltungsvorgänge waren ihre Priorität.
Doch nicht nur die damaligen Verfehlungen bei der Vergabe von Aufträgen treiben die Abgeordneten um. Es geht auch um das aus Sicht der Opposition wenig ambitionierte Bemühen, den Missständen nachzugehen und sie abzustellen. Es sei allenfalls „halbherzig aufgeklärt“worden, moniert Lindner.
Nach zwölf Monaten Arbeit, 41 Zeugen und 5000 Ordnern Beweisakten strebt der Untersuchungsausschuss nun seinem Ende zu. Befragt wurden Beamte des Verteidigungsministeriums, Generäle, die frühere Staatssekretärin Suder und Vertreter von Beratungsfirmen.
Aufreger gab es viele: Mal schickte das Verteidigungsministerium geschwärzte und unvollständige Akten. Dann stellte sich heraus, dass die Daten auf von der Leyens Handy gelöscht waren. Die Opposition sprach von der Vernichtung von Beweismitteln. Bis zum Sommer soll der Abschlussbericht des U-Ausschusses vorliegen. Von der Leyen dürfte dann bereits wieder in ihre EU-Kommissionsarbeit vertieft sein.